Montag, 22. November 2010

I love my India=)

Namaste!
So, wir wollten den ersten ruhigen Tag seit langem nutzen, um euch mal wieder aus dem fernen Indien zu berichten...
(noch ein kurzer Einwurf bevor wir loslegen: was unser Befinden angeht, leiden wir gerade an keinen ernsthaften Erkrankungen wie Lebensmittelvergiftungen, Fieber oder Magen-und Darmverstimmungen, sind nur ein wenig erkältet... es geht uns also gerade gut =)
Okay, nachdem wir also in der ersten Novemberwoche ausgiebig - mit vielem Essen und noch mehr Knallern - Deepavali gefeiert hatten, trafen wir uns in der zweiten Woche mit Katharina und Marie in der Stadt zum Einkaufen. Kreuz und quer über die vollen Straßen (was unsere zwei Mädels aus dem ruhigen (naja, stilleren ;) Karamadai nicht so gewohnt waren^^) ging unsere Shopping-Orgie (indischer Kitsch, Hippietaschen, Snacks), die dann noch in Form eines Volle-Kanne-100%-igen Schokokuchens bei Café Coffee Day gekrönt wurde.Das Highlight des Tages war jedoch der Monsoon, welcher eine Unterführung so hoch unter Wasser gesetzt hatte, dass unsere Füße bei der Durchfahrt mit der Riksha nass wurden. Und natürlich verpassten wir den letzten Bus nach Hause – und liefen minutenlang durch den Monsoon (das ist wirklich ein Erlebnis – ein Glück nur, dass die Inder immer alles in Plastik verpacken, so blieben wenigstens unsere Einkäufe trocken!), nur um dann triefend im Abhaya anzukommen – daher wahrscheinlich die Erkältung...

Die nächsten Tage waren gefüllt mit Schulbesuchen, darunter einem zur „Crayons Public School“, welche wir zunächst für eine ganz normale Grundschule hielten. Umso verdutzter waren wir, als wir - auf niedlichen Plastikstühlchen sitzend – Mädchen und Jungen im Alter von 2 bis 4 Jahren entdeckten. Später wurde uns erklärt, dass die Kinder in Indien schon so früh eingeschult werden und in dieser ‚Früh-Schule’ Dinge wie das ABC, Reime und einfache Begriffe gelehrt werden. Wir mussten etwas entgeistert ausgesehen haben, denn man fragte uns irritiert, ob das denn in Deutschland anders sei. Als wir bejahten und erzählten, dass deutsche Kinder erst mit 6/7 regulär eingeschult wurden, waren beide Seiten verblüfft über die großen Unterschiede zwischen den beiden Schulsystemen.



Als wären wir nicht schon verwirrt genug, sollten wir direkt darauf eine Unterrichtsstunde aus dem Ärmel schütteln. So brachten wir den Kids den ‚Hockey-Cockey’ Song‚ Blinde Kuh und ‚mein rechter, rechter Platz ist frei’ bei. Währendessen war das Lokalfernsehen da, wir wurden für ein paar Minuten interviewt – und kamen auch noch in die Zeitung (zum zweiten Mal schon – wenn das so weiter geht, werden wir noch zu Berühmtheiten^^). Alles in allem war dieser Tag – wie die meisten anderen – gespickt mit unerwarteten Geschehnissen und Wendungen.
Auch am nächsten Tag sollte unsere ‚Planung’ über den Haufen geworfen werden, obwohl wir die Schulen unserer Mädchen besuchten und diesmal wussten, wie alt die Kinder waren:
Gerade, als wir es uns in der sechsten Klasse gemütlich gemacht hatten und der Lehrerin bei ihrem monotonen Frontalunterricht zuhörten (das ist nicht bei allen so), brach diese plötzlich mit der Begründung sie sei zur Direktorin gerufen worden, den Unterricht ab. Auf einmal waren wir mit 45 Kindern alleine und das Geschrei ging los. Keines der Kinder blieb auf seinem Platz, besonders die Jungs fegten laut schreiend durch die Bänke und bestürmten uns mit zahllosen Fragen... es war fast unmöglich, alle wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Die ganze Situation wurde noch anstrengender, als die Lehrerin nicht zurückkam und uns mitgeteilt wurde, sie sei in einem spontanen Meeting – wir könnten ja den Unterricht halten. Nun denn, wir trugen es mit Fassung – bis ein Junge ein mit Gummi umwickeltes Eisenrohr aus dem Pult der Lehrerin holte und sich damit drohend vor die Klasse stellte. Als Katja das Rohr nahm um es beiseite zu legen, rannte er ängstlich bis an das andere Ende der Klasse. Dieses Erlebnis und weitere, die folgten (Begleitperson weg, tausend Kinderstimmen die einen nicht zu Wort kommen lassen, Gezerre von allen Seiten) nahmen uns das erste Mal wirklich den Boden unter den Füßen. Erschöpft schafften wir es an diesem Abend kaum noch aus dem Zimmer und nahmen uns eine Menge Zeit um miteinander zu reden (und es ist einfach wundervoll, dass wir zu zweit sind und reden können, damit wir besser verstehen und das Geschehene reflektieren können).
Am nächsten Morgen jedoch kam ein neuer Schock: im Nachbarhaus war jemand gestorben und wir wurden geweckt von ekstatischen Schreien und hemmungslosem Weinen, denn in der indischen Kultur wird das Thema Sterben und Tod völlig anders vermittelt und empfunden als bei uns. Wir nehmen in stiller Trauer Abschied, sie trauern kollektiv und zeigen ihre Emotionen in der Gruppe: an diesem Tag war die Straße vor dem Abhaya voll von Menschen, Zelte wurden aufgebaut und Stühle gebracht. Obwohl wir vorher gewusst hatten, dass die Inder so anders mit dem Tod umgehen, war es für uns nur sehr schwer auszuhalten, das tatsächlich zu erleben.

Die nächsten Tage suchten wir Abstand zu unserem Alltag (und vielleicht auch in bisschen Abstand zu Indien), fuhren in die Stadt oder unternahmen kleine Spaziergänge. Dabei sahen wir Siedlungen von Palmblatthütten, die direkt zwischen villenartigen Häusern standen und Kinder, die nicht in der Schule waren und stattdessen auf einem offenen Platz Müll verbrannten. Egal wo wir hingingen, Indien holte uns ein. Alles hier war anders. Nichts war wie zuhause... Und wenn wir dieses Land nicht so lieben würden, wäre es sehr schwer für uns, so lange hier zu leben.

Trotzdem, oder gerade deswegen freuten wir uns sehr auf das Wochenende, wo ein Ausflug der Abhaya Mädchen nach Mysore geplant war. Spätabends ging es schwer bepackt los, durch die leeren Straßen. Ein bisschen hatten wir Angst, einem wilden Elefanten zu begegnen, aber glücklicherweise saßen wir schon bald sicher zusammengequetscht im Bus. Die Fahrt war alles andere als bequem, da die Straße nur aus Schlaglöchern zu bestehen schien und darüberhinaus war auch nicht viel mit schlafen, da der Busfahrer vor jeder Kurve laut und penetrant hupte, um sich bei anderen Fahrern bemerkbar zu machen (hierbei gilt die Regel: ich hupe lauter und länger – also darf ich fahren). Völlig übermüdet brachten wir am nächsten Tag sämtliche Programmpunkte hinter uns. Da war zum einen der Tempel, in dessen Umgebung Affen frei lebten und die Besitzer der Marktstände ärgerten. Oder der wundervolle Zoo in Mysore – der eine wahre Erholung für seine Besucher darstellt: die Tiere haben viel Platz und schöne Gehege.


Wir sahen riesige Tiger, Nilpferde, Krokodile, Tukane, Giraffen – und alle gut gepflegt und gesund, was uns beide sehr freute (ein Besuch ist also sehr zu empfehlen =))
Damit war das Programm für diesen Tag aber noch lange nicht zu Ende, denn wir wollten den Maharadscha-Palast besuchen. Beim Gang durch die prunkvollen Sääle mit hohen Kuppeln und reich verzierten Säulen hatten wir den Eindruck, einen Hauch vergangener Zeiten zu spüren. Der gesamte Charme des Palastes war für uns dann aber doch nur schwer greifbar (obwohl er in jeder Ecke präsent zu sein schien), er hatte sich wohl zwischen den Touristenmassen verloren.Völlig verzaubern konnte uns erst der
bunte, quirlige, laute, duftende, stinkende, überfüllte Bazaar, den wir am nächsten Tag mit Jule und Anju besuchten. Wir hatten uns am Morgen mit ihnen getroffen und waren zusammen in den Straßen von Mysore von einem Geschäft zum anderen geschlendert, bis wir in einer kleinen Marktnische für Parfumessenzen und Räucherstäbchen hängenblieben. Auch wenn keiner von uns ernsthaft vorgehabt hatte, etwas zu kaufen, verließen wir den Laden mit vollen Tüten und einem kleinen, zufriedenen Lächeln im Gesicht. Der Abend gehörte dem Essen: Lasagne (naja, immerhin war geschmolzener Käse drauf), Pommes (guuut), Salat (zu viel Koriander), Kartoffelbrei (auch gut), Nudeln, ...
Auch am nächsten Morgen wurden unsere vollen Bäuche nicht leerer. Erst als wir im Bus nach Hassan saßen, dachten wir an etwas anderes als essen: nämlich daran, dass der Busfahrer blöd war: mit halsbrecherischster Geschwindigkeit fuhr er bei Dunkelheit um die Kurven, manchmal auch ins Gebüsch. Die ‚speed-breakers’ wurden eher noch als Herausforderung gesehen, möglichst rasant daraufzu zu fahren. Zu allem Übel saßen wir hinten und uns fiel mehrmals schmerzhaft auf, dass die Sitze schlecht gepolstert waren (Dafür werden wir in Zukunft jede Achterbahn ohne Probleme meistern).
In Hassan erwartete uns erstmal das Chaos: ein funkelnagelneuer, strahlender Busbahnhof, seit zwei Wochen eingeweiht – und doch nicht in Betrieb: es führten noch keine Straßen hin.
Ein riesieges, beleuchtetes Feld: Ein Wohngebiet war geplant, nun standen schon seit langem nur die Laternen und beleuchteten das Gras.
Die Hauptstraße – wichtige Durchfahrtstraße von Mysore nach Bangalore – ein einziges Meer von Schlaglöchern und Schotter: vor zwei Jahren war das ‚Road-widening’ project angelaufen. Und in ihrem Eifer hatten sie die Straße sofort aufgerissen, jedoch nicht damit begonnen, eine neue Straße zu bauen.
Völlig gerädert und durchgeschüttelt kamen wir im Prachodana-Hostel an. Dort verlebten wir einen relativ ruhigen, aber sehr schönen Tag mit Anju und Jule. Der Abend gehörte erst den Hostel-Kindern und wurde dann von Nudeln mit Pesto und ‚Chocolat’ (mit Jule’s Lindt-Weihnachtsmandeln) gekrönt (das hört sich für euch nach nichts Besonderem an, aber für uns ist es einfach nur wunderbar!;) Wir haben diese Tage sehr genossen; sie haben uns wieder mit unserem geliebten, chaotischen Indien versöhnt. Manchmal (oder doch oft), stehen wir einfach nur da – und können es nicht glauben, dass wir hier leben. Indien verzaubert und entzaubert uns im gleichen Moment, enttäuscht und überrascht, stresst und entspannt uns gleichermaßen. Es ist etwas Besonderes. Und wir sind mittendrin.

Viele Grüße zu euch nach Deutschland, zur Vorweihnachtszeit denken wir gaaanz besonders an euch! (und wünschen uns, wir könnten mal zum Plätzchenbacken nach Hause fliegen...)

Donnerstag, 18. November 2010

HAPPY DEEPAVALIII...!!!


...Deepavali, das größte Fest der Hindus. Mit unzähligen Lichtern (davon merkten wir nicht so viel, das ist eher ein nordindischer Brauch) und vielen Feuerwerkskörpern (davon merkten wir wiederum sehr viel: zwei Tage lang flogen uns irgendwelche Kracher um die Ohren) feiern sie den endgültigen Sieg des Gottes Rama über das Böse. Obendrein sollen viele Poojas und Opfergaben die Götter gütig stimmen und es wird geschlemmt, was das Zeug hält.
Wie es bei uns war... zeigen wir euch in ein paar Bildern =)


...auch wir hatten eine Menge gutes Essen=)


... zu dessen Vorbereitung wir fleißig beitrugen ;)




... ein paar Wunderkerzen durften natürlich nicht fehlen...
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- und hier das versprochene Video der Deepavali stage performance!!!=)

Die stage performance unserer Mädchen fanden wir toll und an Diwali fühlten wir uns mit den ganzen Krachern wie an Silvester (nur ohne runterzählen =(.
Leider feiern die Hindus dafür kein Weihnachten - und kein echtes Silvester.
Trotzdem freuen wir uns auf das nächste Fest (und das kommt bestimmt ;)

Viele liebe Grüße nach Deutschland!


oh, und P.S.: "...und hier findet ihr noch mehr Bilder!"

Deepavali