Montag, 20. Dezember 2010

Kurzurlaub mit heimischen Gefühlen

Nachdem ihr nun auf den letzten Blogeintrag ziemlich lange warten musstet, folgt der nächste dafür direkt auf dem Fuße... - diesmal geht es aber „einfach nur“ um unseren Kurztrip nach Pondicherry, Mamallapuram und Chennai.

Unsere erste komplett selbstgeplante Reise begannen wir mit ein paar Dosas und ziemlich viel Aufregung. So standen wir, die Bustickets in der Hand und inklusive Gepäck, am Ausgang des Abhaya und schlangen hastig die Dosas hinunter, die einige Kinder und Viji (die Erzieherin) in Hektik für uns gemacht hatten, und... warteten auf den Taxifahrer. Der nicht kam.
Da standen wir also, wussten nicht weiter und konnten kaum mehr tun, als abwarten und Tee trinken (im warsten Sinne des Wortes). Tatendurstig wie wir waren, telefonierten wir trotzdem ein wenig herum – irgendjemand musste ja wissen, warum niemand kam.
Eine halbe Stunde und ein paar verlorene Nerven später holte uns der Taxifahrer dann doch noch ab – kommentarlos.
Gottseidank hatten wir reichlich Zeit eingeplant und kamen dann schlussendlich pünktlich beim Busbahnhof an, wo ein wunderbar bequemer ‚Non A/C Semi – Sleeper’ Bus auf uns wartete (warum alle immer so verrückt nach Klimaanlage sind, ist uns schleierhaft - wir genießen die Wärme weiterhin ;-)).
(Schlafenderweise) Schlafend ging es dann in Richtung Pondicherry, wo wir am frühen Morgen ankamen und sogleich Bekanntschaft mit dem Wahnsinn der Pondi-Rikshafahrer machen durften: um zum Apartment unserer beider Mitvolunteers Claudi und Anna zu gelangen, fuhr er – um abzukürzen – die Hauptverkehrsstraße (eine Einbahnstraße) einfach mal verkehrtherum, was uns beim Anblick entgegenkommender Busse nicht ganz so recht war (Zitat Katja: „Do you want to kill us?!?“). Sämtlichen 3,6 Mio. Indischen Göttern sei dank kamen wir ein wenig müde dreinblickend, um halb acht Uhr morgens vor Annas und Claudis Tür an. Die folgenden Tage in Pondicherry waren jedoch großartig und eine tolle Erholung:

Tag Nr. 1 begann für uns mit einem Frühstück gegen halb elf (- was eine absolut seltene Rarität für uns darstellte!) und langen Gesprächen. Am frühen Nachmittag bekamen wir schließlich dem ersten Einblick in das Leben einer (wie die Inder wohl sagen würden) 50/50 Stadt (der Name stammt von den allerseits geschätzten 50/50 biscuits... die hier andauernd für irgendwelche Vergleiche herbeigezogen werden).
Pondicherry ist eine ehemalige französische Kolonie und macht das auch allen deutlich: die eine Hälfte ist 100% indisch, die andere Hälfte so französisch wie es in Indien nur geht und beide sind getrennt durch einen Kanal.
Ungläubig spazierten wir von Indien nach Frankreich und wieder zurück, liefen durch vollgestopfte Gassen, die von kleinen Läden gesäumt wurden und schlenderten durch bezaubernde Alleen; mit Löchern gespickte Teerstraßen wichen Kopfsteinpflaster und Bürgersteig...
- Es war unglaublich.
(->hier ist der Beweis: links - das franzoesische Viertel, rechts - das indische Viertel)

Plötzlich befanden wir uns in einem kleinen Europa, aßen gute Holzofenpizza und Salat, bestaunten alte Steinhäuser und fanden uns in mitten von hellhäutigen Menschen wieder („Hier sind ja lauter Weiße...!“). Und all das, wo doch fünfhundert Meter weiter, direkt hinterm Kanal das indische Leben in seiner bunten Vielfalt weiterging.
Den Tag verbummelten wir in verschiedenen niedlichen Geschäftchen, guten Restaurants und am Strand. Besonders in Erinnerung blieb uns auch die völlig versteckte Eisdiele, bei der man für Deutsche ungefährliches (klingt komisch, aber Eis zu essen kann tatsächlich ganz schön fies werden) Eis in allen Varianten bekommen konnte – herrlich.

Am nächsten Morgen (Tag 2) versuchten wir einigermaßen früh aus dem Bett zu kommen und waren dann auch ‚schon’ um halb elf in einem kleinen französischen Frühstückslokal in dem wir uns mit (Achtung...:) Omelette, Obstsalat, warmem Kakao, Baguette mit Butter und Marmelade und (unglaublich aber wahr) frischen Croissants die Bäuche vollschlugen – es war wundervoll, schlaraffenlandartig und absolut unindisch (denn es gab Süßes zum Frühstück). Auch diesen Tag verbrachten wir größtenteils mit Schaufensterbummeln unterbrochen von gemütlichen ‚Essenseinheiten’, die wir gelegentlich hier und da einbauten (wenn man schonmal die Chance hat europäisch zu essen...).
Für euch zuhause mag das vielleicht etwas merkwürdig klingen, aber probiert einfach mal aus, dreieinhalb Monate gar kein Brot zu essen - und kauft euch dann ein frisches Baguette.. ihr werdet verstehen, wovon wir reden. ;-)

Rückblickend haben wir uns wahnsinnig über die beiden Tage mit Claudi und Anna gefreut und es sehr genossen, ein bisschen ‚zuhause’ zu denken. Pondicherry ist wunderschön und eine kleine Schatzinsel für Europäer, die sich in Indien ein wenig nach der Heimat sehnen! (An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an Claudi und Anna, ihr wart wunderbare Gastgeber und die Zeit war absolut großartig!)=) Fuer alle, die sich mehr fuer deren Projekt und Pondicherry interessieren: www.kks-real-10.blogspot.com )

Der dritte Tag begann – im absoluten Kontrast zu den vorangegangenen Tagen – um 6 Uhr morgens, da wir sehr früh den Bus nach Mamallapuram nehmen wollten, ein Ort der laut Lonely Planet ein Mischmasch aus Fischerdorf, Touristenghetto und Unseco-Weltkulturerbestätte sein soll.
Dies klang für uns ziemlich interessant und so wappneten wir uns mit Baguette, Eierweck, Croissant und Schokopralinen, um auf der unbequemen Fahrt im öffentlichen Bus (wieder ohne Klimaanlage, und mit den schmalsten Sitzen der Welt) zumindest nicht zu verhungern...
Zum Glück war die Landschaft so absolut exotisch und wunderschön, dass sie uns von sämtlichen Unbequemlichkeiten abzulenken vermochte: die allgegenwärtigen Palmen wechselten sich ab mit unbekannten Bäumen, Schlingpflanzen – und sogar Kakteen! Zwischendurch breiteten sich unter unseren Augen uferlose Lagunen aus, Flüsse, die durch den Monsoon über ihre Ufer getreten waren. Überhaupt waren die Auswirkungen des Monsoons überall sichtbar: Fundamente versanken im Wasser und ganze Dörfer waren nur noch über schmale Landstreifen zu erreichen. Trotzdem schienen die dort lebenden Menschen ihr Alltag wie gewohnt weiter zu führen.
Manchmal blitzte hinter Palmwäldern der indische Ozean auf und versetzte uns in Urlaubsstimmung, genau wie die salzige Brise, die ab und zu in den stickigen Bus wehte, desto näher wir Mamallapuram kamen. Dort angekommen ließ uns der Busfahrer unerwartet am Rande der staubigen Überlandsstraße aussteigen und da standen wir nun: zwei weiße Mädchen in einem fremden Land, auf einem fremden Kontinent, alleine, ohne Plan wo sie gerade genau sind, eine Situation, die in der letzten Zeit so häufig aufgetreten war, dass wir uns daran gewöhnen mussten. Ohne große Aufregung nahmen wir uns also eine Riksha in den Ortskern und übten uns im Kartenlesen (was nicht immer so gut klappt^^). Mamallapuram war das reinste Paradies: Hippieshops wechselten sich ab mit unendlich alten Tempeln, majestätischen Felsenlandschaften und schönen, leeren Stränden. Die Luft war erfüllt von dem Geklopfe der Steinmetze und den „Wanna see my shop?“-Rufen der Ladenbesitzer. Nachdem wir uns mit einigen deutschen Travellern unterhalten hatten, wählten wir uns eine einfache Budgetunterkunft und bezogen ein kleines Dachzimmer mit Mangobaum vorm Fenster.
Unsere erste Station war – natürlich – der Strand!
Minutenlang standen wir zwischen den bunten Holzbooten der Fischer, starrten auf die Wellen und versuchten zu begreifen, dass eigentlich gerade Dezember ist.
- was uns nicht wirklich gelang. Nachdem Katja eine Weile mit zwei winzig-wuseligen Hunden gespielt und Charlotte’s Klamotten vom Baden komplett durchnässt waren, machten wir uns auf den Weg zum „Shoretempel“, einer Unesco- Weltkulturerbestätte die man – im wahrsten Sinne des Wortes – hautnah erleben konnte.
Der kleine, aus einem roten Sandsteinfelsen gemeißelte Tempel erhob sich zwischen penibel gemähten Grasflächen und war deutlich von Zeit und Meer gezeichnet, sodass seine Flächen, die Figuren und Ornamente fast völlig glattgeschliffen waren. Im Gegensatz zu vielen bewegten wir uns ehrfurchtsvoll durch die engen Tempelgassen, bemüht nichts zu berühren, damit dieses Bauwerk doch noch etwas länger erhalten bliebe.
Nach einer Weile machten wir uns auf, um auch den anderen Sehenswürdigkeiten Mamallapurams einen Besuch abzustatten. Wir begegneten Steinelefanten, einem „Butter Ball“ (Mega-Steinkugel), noch mehr wundervollen Tempeln, rüpelhaften Touristen und niedlichen Äffchen... und widmeten uns am Abend gemütlichem Shopping und einer Pizza mit viiiiiel Käse. Sehr müde fielen wir darauf in unsere Betten, nur um am nächsten Morgen wieder sehr früh (wer hätt’s gedacht) aufzustehen, da wir noch vor der Mittagszeit in Chennai sein wollten.

(Zur Busreise nach Chennai ist nur zu sagen, dass wir das erste Mal ein uns nicht ganz geheueres Buserlebnis hatten, bei dem es (während der Fahrt!!) von außen an unser Fenster klopfte und ein junger Mann uns bat, dass wir unser Fenster aufmachten und er sich an unseren Sitzen festhalten dürfe (!)...- nochmal: von AUßEN!)

Chennai war dann.. laut, voll, regnerisch, westlich und irgendwie ein Tag den wir nicht mit Sehenswürdigkeiten verbringen wollten (erster Satz im Lonely Planet: „Auch die größten Meister im positiven Denken werden Probleme haben, in Chennai etwaszu finden, das wirklich zum Schwärmen Anlass gibt.“ – ähm ja..).
So schlimm war es dann aber auf keinen Fall, eigentlich gefiel uns die Stadt sogar ganz gut.. wir haben nur nicht viel von ihr gesehen.
Chennai begann für uns mit einem rieeesigen Busbahnhof und einer ‚Fehlentscheidung’ die mit Frostbeulen und einem Loch im Portemonnaie endete: der erste Bus, der in die richtige Richtung zu fahren schien sah nämlich ... „normal“aus (also „deutsch-normal“, denn „normal“ heißt für uns „deutsch“).Also. Und das alleine ist in Indien schonmal merkwürdig. In diesem Moment dachten wir aber nicht weiter über gepolsterte Sitze oder Fenster, die sich nicht öffnen ließen nach und stiegen ein.
Bewusst wurde uns der Fauxpas, als wir plötzlich das Gefühl bekamen in einem Kühlschrank zu sitzen und der Conductor dann auch noch den fast fünffachen Ticketpreis verlangte. Trotzdem auch hier wieder: wir sammeln eine Menge Erfahrungen.. und die eben in alle Richtungen.

Den Tag verbrachten wir dann in einem spanischen Tapasrestaurant in dem es wunderbares Essen, Servietten und Besteck gab (und Katja die einzige indisch gekleidete Person war), fuhren in ein paar Rikshas für ein bisschen pure indische Kultur zwischendurch und:
besuchten drei Shoppingmalls, die uns wirklich den Atem raubten.
Die Welt aus der wir kamen (also das Abhaya, Kanuvai, etc.) erschien uns plötzlich ganz fremd und unwirklich und wir schienen auf einmal nicht mehr „weiß“ zu sein. Alle Menschen verhielten sich wie wir, liefen fröhlich plaudernd von Shop zu Shop, saßen bei PizzaHut oder KFC, es war geputzt, ordentlich, strukturiert... eine Miniwelt in einer Welt und wir mittendrin.
In den ersten Minuten standen wir einfach nur da, trauten unseren Augen kaum und konnten uns nicht entscheiden, ob das jetzt Indiens Zukunft oder doch nur eine Idee, die Oberschicht und Unterschicht noch deutlicher trennen würde, war.
Als der erste Schock überwunden war (ja, der Kulturschock ist andersrum viel schlimmer... plötzlich in einem kleinen Deutschland in Indien zu stehen ist absolut merkwürdig!) konnten wir die Zeit dann aber doch noch genießen, taten es den anderen gleich und hatten am Ende des Tages ein paar nette Sachen erstanden.

Nun sind wir wieder ein paar Tage zuhause, haben uns erneut eingelebt und alles läuft glatt, trotzdem hängen uns diese widersprüchlichen Bilder der kulturschweren Stätten und dann dieser glitzernden Malls, schmutzigen Straßen und sauberen Alleen nach und es fällt schwer, klare Gedanken zu fassen. Auf jeden Fall wurde unsere Vorfreude auf die große Reise mitte Februar geweckt und wir können es kaum abwarten noch viel mehr von diesem unglaublichen Land zu entdecken.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

What the hell is SNOW ?!?

Ein warmes ‘Wanakkam’ an unsere Blogleser im kalten Deutschland!

Nie war uns die Heimat so fremd wie jetzt: Eingeschneit, vereist, kalt... dieses Wort assoziieren wir mittlerweile mit zitternden Frauen und Kindern, die sich bei 20°C Wollmützen über den Kopf ziehen oder sich dick in bunt gemusterte Filzjacken wickeln. Aber nicht nur sie – auch wir sagen mittlerweile bei Temperaturen unter 25°C, dass es „kalt“ sei. Heute war es wieder über 30°C, die Sonne hat gebrannt, aber das ist der indische „Winter“.
In diesem Eintrag soll es jedoch nicht nur ums Wetter gehen – es ist einfach auch so viel passiert, dass wir unbedingt mal wieder berichten müssen.. bevor dann in ein paar Tagen schon der nächste Eintrag über unseren Kurzurlaub nach Pondicherry und Chennai folgt :-P
Zunaechst gibt es da unseren zweiten Besuch beim TAI - Project über den wir berichten möchten und - diesmal war alles anders:
Wir wanderten durch enge, schmutzige Gassen, um zu einem kleinen Haus einer Transgender- „Familie“ zu gelangen. Diese erwartete uns auch schon vollzählig im schummrigen Wohnzimmer: Ein „Ehepaar“ (seit 20 Jahren verheiratet), eine „Großmutter“ und einige „Töchter“, die teilweise für ihren Essensstand kochten; es roch nach scharfem gebratenem Huhn und vielen Gewürzen.
Auch die Gespräche des Treffens schienen sich diesmal um völlig andere Dinge zu drehen, als bei unserem ersten field visit: Hatten wir beim ersten Mal eher das Gefühl, dass es den Menschen wirklich auf den kulturellen Austausch ankam, drehte es sich diesmal um finanzielle Probleme innerhalb der self help group (eine kleine Gruppe von TG’s bekam das Geld, gab es aber nicht an die restlichen weiter). Im Laufe des Besuches kam sogar die Frage auf, ob wir ihnen denn kein Geld geben könnten, wir wären schließlich reich. Etwas perplex versuchten wir, ihnen unsere Rolle in Indien darzulegen und dass wir eben nicht die „reichen Weißen“ seien, die Geld geben. Es war eine unangenehme Situation und daher verließen wir die Wohnung bald. Insgesamt war es für uns ein eher schwieriger field visit, aber trotzdem sind wir davon überzeugt, dass es wichtig ist, auch solche Erfahrungen zu machen.
Einige Tage später wurden wir spontan zu einer Veranstaltung eingeladen, die uns sehr positiv in Erinnerung bleiben sollte:
Frühmorgens (wie immer) standen wir auf, um einer Function der „make a wish Foundation“ beizuwohnen..
Die „make a wish Foundation“ ist eine Organisation, die Kindern mit uneheilbaren Krankheiten (wie Krebs oder HIV) einen Herzenswunsch erfüllt. Dazu gehen Freiwillige in Krankenhäuser und NGO’s um direkt mit den Kindern über ihre Wünsche zu sprechen (dabei kommt es nicht auf den Wunsch an: es kann eine kleine Puppe sein, oder auch der Traum einmal in einem Flugzeug zu fliegen).Diesen Wunsch zu erfahren, kann ein sehr langer Prozess sein, da es Zeit braucht einem Fremden anzuvertrauen, was einen wirklich glücklich macht. Haben die Kinder ihren Wunsch geäußert, werden Sponsoren gesucht und der Wunsch wird erfüllt
An diesem Tag sollten die Wünsche von dreizehn HIV-infizierten Kindern aus dem NMCT-Projekt erfüllt werden. Meistens handelte es sich bei den Wünschen um ein eigenes Fahrrad, ein Mädchen hatte sogar den Wunsch ihren Lieblingsfilmstar zu treffen.
Was wir dort erlebten war einfach großartig. Das gesamte Programm wurde von Schülern gestaltet, die auch die Spenden für die Wünsche gesammelt hatten.
Es gab Spiele, Tänze und die Atmosphäre war sehr herzlich. Man konnte spüren, dass die Schüler etwas Gutes tun wollten. Wir waren begeistert, gerührt und sehr beeindruckt von den Kindern: mit strahlenden Gesichter und leuchtenden Augen versrpühten sie eine Freude, die alle Anwesenden anzustecken schien..

Die Koordinatorin der Foundation sagte uns, dass die Lebensfreude der Kinder und ihr „glücklich sein“ in großen Stücken dazu beitragen könne, ihr Leben zu verlängern und als wir in dieser Veranstaltung saßen, waren wir uns hundertprozentig sicher, dass sie Recht hatte.
Und wieder einmal begegnete uns diese Krankheit in Gestalt von vor Lebensfreude sprühenden Kindern was uns deutlich machte, wie viel man eben doch tun kann, auch wenn die Situation auf den ersten Blick hoffnungslos erscheint. Es war ein großartiges Erlebnis.Abgesehen davon verschwammen die Tage zu einem bunten Mischmasch voller Alltäglichkeit, gespickt mit unvorhergesehenen Kleinigkeiten, wie beispielsweise kleinen Pannen oder Verspätungen auf dem Weg zu unserem täglichen Nähunterricht in der Stadt. Jeden morgen wagten wir seit drei Wochen das Unmögliche: mit den öffentlichen Bussen zur morgendlichen rushour in die Stadtmitte zu kommen (pünktlich...). Alle Inder scheinen sich in der Zeit um 9 Uhr morgens herum in die – ohnehin schon engen - Busse zu quetschen. Sämtliche Inder, die es sich leisten koennen vermeiden das Busfahren um diese Zeit. Wir wissen nun, warum: Manchmal sind die Busse so voll, dass man kaum atmen kann und sich fühlt, als bestände man aus von fremden Ellbogen zerquetschtem Gelee. Oder man sieht Szenen der Rücksichtslosigkeit die einen vor Empörung nach Luft schnappen lassen (aber auch der Hilfsbereitschaft). Wir selbst werden auch immer „durchsetzungsfähiger“- denn mit höflichem Anstehen kommt man nicht weiter – zumindest nicht zu einem Sitzplatz. Und bevor wir wieder einen Stehplatz neben der Tür erwischen und riskieren herauszufallen (bei Charlotte wars mal knapp und Katja wurde mehr oder weniger aus einem (Gottseidank stehenden) Bus gestoßen)), drängeln wir lieber ein bisschen – oder springen todesmutig in den fahrenden Bus.
So kommen wir relativ pünktlich in der Schule an, nur um noch auf unsere Nählehrerin zu warten. Wir nähen auf alten, handbetriebenen Maschinen, in denen man die Fäden erst durch zahllose Ösen ziehen muss, bevor man beginnen kann Taschentücher, Kissenbezüge oder entzückende Kleidchen zu nähen. Wir gehen einfach unglaublich gerne in diesen Unterricht und haben gemerkt, dass es uns gut, jeden Tag damit beginnen zu lassen.

Im Anschluss daran fahren wir in die Stadt, oder zu einem Projektbesuch. Diese Woche begleiteten wir an zwei Tagen Mitarbeiter des CHAHA-project (Children affected/infected by HIV/Aids – Health and Happiness for All) zu home visits.
Lang fuhren wir im stickigen Bus bis zu einem Vorort von Coimbatore, wo uns zwei Frauen erwarteten, die an diesem Tag die angeforderte Unterstützung bekommen sollten - was bedeutete, dass wir zusammen einkaufen gehen würden.
(NMCT hat es sich nämlich unter Anderem zur Aufgabe gemacht, Familien die von HIV betroffen sind durch materielle Dinge zu helfen).Wir trafen die Frauen (die kein Englisch sprachen) in einem für Meetings gedachten Raum und liefen dann in einen nahegelegenen Shop in dem man so ziemlich alles bekommen konnte was das Herz begehrt (10000 Sorten an Seife und Zahnpasta?!). Dort durften sich beide verschiedene Dinge für ca 350 Rupees (6 Euro) auswählen. (Das System funktioniert so: Man stellt einen Antrag für nutrition, houshold oder education support und bekommt dann maximal zwei Anträge alle drei Monate genemigt.)
Für uns war es wieder einmal sehr interessant zu sehen, in welchen Formen NMCT hilft (es in der Theorie zu erfahren ist eine Sache, aber daneben zu stehen wenn Frauen lebensnotwendige Dinge auswählen, die NMCT finanziert.. das ist schon beeindruckend!).
Weiter ging es dann zu einer anderen Familie, bei der NMCT das Einkommen durch ein gesponsortes Bügeleisen (-wirklich „Eisen“ – 5 ½ Kilo schwer) gesichert hatte. Auch hier waren wir sehr beeindruckt, denn durch Arbeitsteilung wurde das Bügeleisen fast den gesamten Tag bewegt (Acht Stunden, davon Mutter, Vater, Großmutter und Großvater jeweils zwei..). Man kann sich das ja schon bei mit einem elektrischen Bügeleisen kaum vorstellen, aber ein fast sechs Kilo schweres Eisen zu bewegen ist unglaublich anstrengend – wir wissen es mittlerweile, es auszuprobieren reichte uns aber erstmal ;-) . Trotzdem wirkte die Familie zufrieden und gluecklich ueber diese Unterstuetzung und alle waren freundlich und offen.

Am nächsten Tag standen wieder Hausbesuche auf der Tagesordnung. Am Vormittag trafen wir eine Frau, die den ganzen Tag Blumenketten bindet (was zwar nicht so anstrengend ist, wie dieses Bügeleisen zu bewegen – aber den ganzen Tag NUR Blumenketten...), dann ging es über einen Zwischenstopp bei einem Sponsor von NMCT zu einer Familie zwei unserer Kinder.
Bei diesem ersten Hausbesuch tauchten wir in den Alltag einer alleinerziehenden HIV-infizierten Frau, die ohne Unterstützung der Eltern und Schwiegereltern versucht, das Leben zu meistern und die Erziehung ihrer Kinder zu sichern, ein:
Wir saßen auf ihrem Bett und sahen ihr dabei zu, wie sie Blumenketten band. Einige Male kam ein „Kurier“, der neue Blumen zu ihr und die fertigen Blumenketten zum nahegelegenen Blumenmarkt brachte - sonst gab es kaum eine Abwechslung. Erstaunt stellten wir ein paar Fragen und mussten bei dem Gedanken an ein ganzes Leben in diesem kleinen Zimmer schlucken, doch auch hier sahen wir wieder das strahlende Gesicht der Frau, ihre Zuversicht und die Erzählungen von einer Zukunft, in der ihre Kinder ein Einkommen haben und für die Familie bessere Zeiten anbrechen würden...
Eine Hoffnung und Zufriedenheit, die wir schon öfter erleben durften.
Anschliessend begleiteten wir eine Mitarbeiterin zu einem Wohnhaus von zwei unserer Maedchen. Schon der Fussweg dorthin war ernuechternd und es war bedrueckend, durch solch eine aermliche Gegend zu laufen. Die Menschen waren ueberrascht, Weisse zu sehen und so brauchten wir etwas laenger zu dem kleinen, absolut kleinen Haus, welches nur aus zwei Zimmern bestand. In einem erwartete uns die Mutter an der ratternden Naehmaschine. Etwas beklommen liessen wir es zu, dass man uns einen Stuhl holte und Tee brachte - ein Teil der Sonderbehandlung, an die wir uns nicht so recht gewoehnen moechten. Schliesslich sassen wir jedoch stundenlang in diesem kleinen Zimmer, unterhielten uns ueber die Maedchen, das Naehen, die Familie und die Unterschiede zwischen Indien und Deutschland. Es war ein schoener Besuch, wir lachten viel und es war toll mehr ueber die Herkunft der Maedchen zu erfahren. Von solchen Besuchen werden wir hoffentlich noch mehr waehrend der half-yearly-holidays erleben – wenn wir die Kinder und ihre Familien zu Hause besuchen, um Informationen fuer eine case study zu sammeln.
Zunaechst wollen wir euch aber von unserem ersten – vollkommen selbststaendig geplanten (!!) Trip nach Pondicherry zu Anna und Claudi berichten ... im naechsten Blogeintrag ;-).

Bis dahin geniessen wir die tropische Sonne – und sehnen uns gleichzeitig zurueck ins eingeschneite, weihnachtliche Deutschland...

Montag, 22. November 2010

I love my India=)

Namaste!
So, wir wollten den ersten ruhigen Tag seit langem nutzen, um euch mal wieder aus dem fernen Indien zu berichten...
(noch ein kurzer Einwurf bevor wir loslegen: was unser Befinden angeht, leiden wir gerade an keinen ernsthaften Erkrankungen wie Lebensmittelvergiftungen, Fieber oder Magen-und Darmverstimmungen, sind nur ein wenig erkältet... es geht uns also gerade gut =)
Okay, nachdem wir also in der ersten Novemberwoche ausgiebig - mit vielem Essen und noch mehr Knallern - Deepavali gefeiert hatten, trafen wir uns in der zweiten Woche mit Katharina und Marie in der Stadt zum Einkaufen. Kreuz und quer über die vollen Straßen (was unsere zwei Mädels aus dem ruhigen (naja, stilleren ;) Karamadai nicht so gewohnt waren^^) ging unsere Shopping-Orgie (indischer Kitsch, Hippietaschen, Snacks), die dann noch in Form eines Volle-Kanne-100%-igen Schokokuchens bei Café Coffee Day gekrönt wurde.Das Highlight des Tages war jedoch der Monsoon, welcher eine Unterführung so hoch unter Wasser gesetzt hatte, dass unsere Füße bei der Durchfahrt mit der Riksha nass wurden. Und natürlich verpassten wir den letzten Bus nach Hause – und liefen minutenlang durch den Monsoon (das ist wirklich ein Erlebnis – ein Glück nur, dass die Inder immer alles in Plastik verpacken, so blieben wenigstens unsere Einkäufe trocken!), nur um dann triefend im Abhaya anzukommen – daher wahrscheinlich die Erkältung...

Die nächsten Tage waren gefüllt mit Schulbesuchen, darunter einem zur „Crayons Public School“, welche wir zunächst für eine ganz normale Grundschule hielten. Umso verdutzter waren wir, als wir - auf niedlichen Plastikstühlchen sitzend – Mädchen und Jungen im Alter von 2 bis 4 Jahren entdeckten. Später wurde uns erklärt, dass die Kinder in Indien schon so früh eingeschult werden und in dieser ‚Früh-Schule’ Dinge wie das ABC, Reime und einfache Begriffe gelehrt werden. Wir mussten etwas entgeistert ausgesehen haben, denn man fragte uns irritiert, ob das denn in Deutschland anders sei. Als wir bejahten und erzählten, dass deutsche Kinder erst mit 6/7 regulär eingeschult wurden, waren beide Seiten verblüfft über die großen Unterschiede zwischen den beiden Schulsystemen.



Als wären wir nicht schon verwirrt genug, sollten wir direkt darauf eine Unterrichtsstunde aus dem Ärmel schütteln. So brachten wir den Kids den ‚Hockey-Cockey’ Song‚ Blinde Kuh und ‚mein rechter, rechter Platz ist frei’ bei. Währendessen war das Lokalfernsehen da, wir wurden für ein paar Minuten interviewt – und kamen auch noch in die Zeitung (zum zweiten Mal schon – wenn das so weiter geht, werden wir noch zu Berühmtheiten^^). Alles in allem war dieser Tag – wie die meisten anderen – gespickt mit unerwarteten Geschehnissen und Wendungen.
Auch am nächsten Tag sollte unsere ‚Planung’ über den Haufen geworfen werden, obwohl wir die Schulen unserer Mädchen besuchten und diesmal wussten, wie alt die Kinder waren:
Gerade, als wir es uns in der sechsten Klasse gemütlich gemacht hatten und der Lehrerin bei ihrem monotonen Frontalunterricht zuhörten (das ist nicht bei allen so), brach diese plötzlich mit der Begründung sie sei zur Direktorin gerufen worden, den Unterricht ab. Auf einmal waren wir mit 45 Kindern alleine und das Geschrei ging los. Keines der Kinder blieb auf seinem Platz, besonders die Jungs fegten laut schreiend durch die Bänke und bestürmten uns mit zahllosen Fragen... es war fast unmöglich, alle wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Die ganze Situation wurde noch anstrengender, als die Lehrerin nicht zurückkam und uns mitgeteilt wurde, sie sei in einem spontanen Meeting – wir könnten ja den Unterricht halten. Nun denn, wir trugen es mit Fassung – bis ein Junge ein mit Gummi umwickeltes Eisenrohr aus dem Pult der Lehrerin holte und sich damit drohend vor die Klasse stellte. Als Katja das Rohr nahm um es beiseite zu legen, rannte er ängstlich bis an das andere Ende der Klasse. Dieses Erlebnis und weitere, die folgten (Begleitperson weg, tausend Kinderstimmen die einen nicht zu Wort kommen lassen, Gezerre von allen Seiten) nahmen uns das erste Mal wirklich den Boden unter den Füßen. Erschöpft schafften wir es an diesem Abend kaum noch aus dem Zimmer und nahmen uns eine Menge Zeit um miteinander zu reden (und es ist einfach wundervoll, dass wir zu zweit sind und reden können, damit wir besser verstehen und das Geschehene reflektieren können).
Am nächsten Morgen jedoch kam ein neuer Schock: im Nachbarhaus war jemand gestorben und wir wurden geweckt von ekstatischen Schreien und hemmungslosem Weinen, denn in der indischen Kultur wird das Thema Sterben und Tod völlig anders vermittelt und empfunden als bei uns. Wir nehmen in stiller Trauer Abschied, sie trauern kollektiv und zeigen ihre Emotionen in der Gruppe: an diesem Tag war die Straße vor dem Abhaya voll von Menschen, Zelte wurden aufgebaut und Stühle gebracht. Obwohl wir vorher gewusst hatten, dass die Inder so anders mit dem Tod umgehen, war es für uns nur sehr schwer auszuhalten, das tatsächlich zu erleben.

Die nächsten Tage suchten wir Abstand zu unserem Alltag (und vielleicht auch in bisschen Abstand zu Indien), fuhren in die Stadt oder unternahmen kleine Spaziergänge. Dabei sahen wir Siedlungen von Palmblatthütten, die direkt zwischen villenartigen Häusern standen und Kinder, die nicht in der Schule waren und stattdessen auf einem offenen Platz Müll verbrannten. Egal wo wir hingingen, Indien holte uns ein. Alles hier war anders. Nichts war wie zuhause... Und wenn wir dieses Land nicht so lieben würden, wäre es sehr schwer für uns, so lange hier zu leben.

Trotzdem, oder gerade deswegen freuten wir uns sehr auf das Wochenende, wo ein Ausflug der Abhaya Mädchen nach Mysore geplant war. Spätabends ging es schwer bepackt los, durch die leeren Straßen. Ein bisschen hatten wir Angst, einem wilden Elefanten zu begegnen, aber glücklicherweise saßen wir schon bald sicher zusammengequetscht im Bus. Die Fahrt war alles andere als bequem, da die Straße nur aus Schlaglöchern zu bestehen schien und darüberhinaus war auch nicht viel mit schlafen, da der Busfahrer vor jeder Kurve laut und penetrant hupte, um sich bei anderen Fahrern bemerkbar zu machen (hierbei gilt die Regel: ich hupe lauter und länger – also darf ich fahren). Völlig übermüdet brachten wir am nächsten Tag sämtliche Programmpunkte hinter uns. Da war zum einen der Tempel, in dessen Umgebung Affen frei lebten und die Besitzer der Marktstände ärgerten. Oder der wundervolle Zoo in Mysore – der eine wahre Erholung für seine Besucher darstellt: die Tiere haben viel Platz und schöne Gehege.


Wir sahen riesige Tiger, Nilpferde, Krokodile, Tukane, Giraffen – und alle gut gepflegt und gesund, was uns beide sehr freute (ein Besuch ist also sehr zu empfehlen =))
Damit war das Programm für diesen Tag aber noch lange nicht zu Ende, denn wir wollten den Maharadscha-Palast besuchen. Beim Gang durch die prunkvollen Sääle mit hohen Kuppeln und reich verzierten Säulen hatten wir den Eindruck, einen Hauch vergangener Zeiten zu spüren. Der gesamte Charme des Palastes war für uns dann aber doch nur schwer greifbar (obwohl er in jeder Ecke präsent zu sein schien), er hatte sich wohl zwischen den Touristenmassen verloren.Völlig verzaubern konnte uns erst der
bunte, quirlige, laute, duftende, stinkende, überfüllte Bazaar, den wir am nächsten Tag mit Jule und Anju besuchten. Wir hatten uns am Morgen mit ihnen getroffen und waren zusammen in den Straßen von Mysore von einem Geschäft zum anderen geschlendert, bis wir in einer kleinen Marktnische für Parfumessenzen und Räucherstäbchen hängenblieben. Auch wenn keiner von uns ernsthaft vorgehabt hatte, etwas zu kaufen, verließen wir den Laden mit vollen Tüten und einem kleinen, zufriedenen Lächeln im Gesicht. Der Abend gehörte dem Essen: Lasagne (naja, immerhin war geschmolzener Käse drauf), Pommes (guuut), Salat (zu viel Koriander), Kartoffelbrei (auch gut), Nudeln, ...
Auch am nächsten Morgen wurden unsere vollen Bäuche nicht leerer. Erst als wir im Bus nach Hassan saßen, dachten wir an etwas anderes als essen: nämlich daran, dass der Busfahrer blöd war: mit halsbrecherischster Geschwindigkeit fuhr er bei Dunkelheit um die Kurven, manchmal auch ins Gebüsch. Die ‚speed-breakers’ wurden eher noch als Herausforderung gesehen, möglichst rasant daraufzu zu fahren. Zu allem Übel saßen wir hinten und uns fiel mehrmals schmerzhaft auf, dass die Sitze schlecht gepolstert waren (Dafür werden wir in Zukunft jede Achterbahn ohne Probleme meistern).
In Hassan erwartete uns erstmal das Chaos: ein funkelnagelneuer, strahlender Busbahnhof, seit zwei Wochen eingeweiht – und doch nicht in Betrieb: es führten noch keine Straßen hin.
Ein riesieges, beleuchtetes Feld: Ein Wohngebiet war geplant, nun standen schon seit langem nur die Laternen und beleuchteten das Gras.
Die Hauptstraße – wichtige Durchfahrtstraße von Mysore nach Bangalore – ein einziges Meer von Schlaglöchern und Schotter: vor zwei Jahren war das ‚Road-widening’ project angelaufen. Und in ihrem Eifer hatten sie die Straße sofort aufgerissen, jedoch nicht damit begonnen, eine neue Straße zu bauen.
Völlig gerädert und durchgeschüttelt kamen wir im Prachodana-Hostel an. Dort verlebten wir einen relativ ruhigen, aber sehr schönen Tag mit Anju und Jule. Der Abend gehörte erst den Hostel-Kindern und wurde dann von Nudeln mit Pesto und ‚Chocolat’ (mit Jule’s Lindt-Weihnachtsmandeln) gekrönt (das hört sich für euch nach nichts Besonderem an, aber für uns ist es einfach nur wunderbar!;) Wir haben diese Tage sehr genossen; sie haben uns wieder mit unserem geliebten, chaotischen Indien versöhnt. Manchmal (oder doch oft), stehen wir einfach nur da – und können es nicht glauben, dass wir hier leben. Indien verzaubert und entzaubert uns im gleichen Moment, enttäuscht und überrascht, stresst und entspannt uns gleichermaßen. Es ist etwas Besonderes. Und wir sind mittendrin.

Viele Grüße zu euch nach Deutschland, zur Vorweihnachtszeit denken wir gaaanz besonders an euch! (und wünschen uns, wir könnten mal zum Plätzchenbacken nach Hause fliegen...)

Donnerstag, 18. November 2010

HAPPY DEEPAVALIII...!!!


...Deepavali, das größte Fest der Hindus. Mit unzähligen Lichtern (davon merkten wir nicht so viel, das ist eher ein nordindischer Brauch) und vielen Feuerwerkskörpern (davon merkten wir wiederum sehr viel: zwei Tage lang flogen uns irgendwelche Kracher um die Ohren) feiern sie den endgültigen Sieg des Gottes Rama über das Böse. Obendrein sollen viele Poojas und Opfergaben die Götter gütig stimmen und es wird geschlemmt, was das Zeug hält.
Wie es bei uns war... zeigen wir euch in ein paar Bildern =)


...auch wir hatten eine Menge gutes Essen=)


... zu dessen Vorbereitung wir fleißig beitrugen ;)




... ein paar Wunderkerzen durften natürlich nicht fehlen...
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- und hier das versprochene Video der Deepavali stage performance!!!=)

Die stage performance unserer Mädchen fanden wir toll und an Diwali fühlten wir uns mit den ganzen Krachern wie an Silvester (nur ohne runterzählen =(.
Leider feiern die Hindus dafür kein Weihnachten - und kein echtes Silvester.
Trotzdem freuen wir uns auf das nächste Fest (und das kommt bestimmt ;)

Viele liebe Grüße nach Deutschland!


oh, und P.S.: "...und hier findet ihr noch mehr Bilder!"

Deepavali

Donnerstag, 21. Oktober 2010

…idyllische Märkte, kleine Abenteuer und allerlei Festlichkeiten

... wanakkam, hier sind wir wieder=)
Nachdem wir mittlerweile wieder ein paar Tage außerhalb des Bettes verbracht haben (davor: Grippaler Infekt..) dachten wir, es wäre Zeit sich mal bei euch zu melden… denn weiterhin vergeht die Zeit im Abhaya wie im Flug und es gibt auch, wenn oberflächlich betrachtet nicht so viel passiert, immer viel zu berichten.
Im Moment fahren wir zum Beispiel mindestens einmal wöchentlich in die Stadt und sind langsam routinierter im über-die-Straße-gehen und Bus fahren. Trotzdem befinden wir uns immer wieder in Situationen, welche wir manchmal mit mehr Glück als Verstand meistern:
So muss man, um eine Straße zu überqueren meist eine Zeit lang auf dem Mittelstreifen zwischen fahrenden Autos und Motorräden warten, bis sich in dem reißenden Strom eine Lücke auftut, durch die man auf die andere Straßenseite hetzen kann. Wir taten genau dies, als ein Motorradfahrer genau auf Katja zusteuerte – und es sich dann im allerletzten Moment doch anders überlegte und ihr auswich. Oder die Situation, als wir bei Coimbatores größter Bushaltestelle nach einem -bestimmten- Bus suchten. Immer wieder schlüpften wir zwischen fahrenden Bussen hindurch, fragten zahnlose Greise und junge Kerle um Rat, wurden oft von einer zur anderen Seite und wieder zurück geschickt (weil auch die Inder nicht immer einen Plan haben), nur um dann auf den letzten Drücker in einen fahrenden Bus zu springen, blind einem Menschen vertrauend, der nicht mehr als ein “der da” und einen Fingerzeig zustande brachte und hoffend, dass dieser Bus uns nicht in ein völlig unbekanntes Viertel fahren würde. Wir hatten Glück, er fuhr nach Kanuvai, “unserer” Bushaltestelle.
Solche kleinen ‘Abenteuer’ stehen natürlich nicht unter täglichen Aktivitäten, allerdings stoßen wir oft in anderer Hinsicht an unsere Grenzen, da das indische ‘System’ für uns manchmal immer noch etwas befremdlich ist. So nehme man Menschen, die es gewohnt sind, Dinge die sie brauchen, dort zu bekommen, wo sie sie vermuten und schicke sie beispielsweise auf die – relativ – unbedeutende Suche nach AIRMAIL-Briefumschlägen. Kreuz und quer, von einer Poststelle zur anderen wird man da durch die Hitze geschickt, nur um doch immer wieder ohne Briefumschläge auf der Straße zu stehen. Da fällt es dann schon manchmal schwer, den Begleitern mit schiefem Lächeln zu versichern, dass es kein Problem sei und Indien eben so wäre. (Meistens war der Ärger allerdings nach ein paar Minuten verflogen und wir fanden es doch wieder lustig.)
Mittlerweile kommentieren wir auch jeden Stromausfall mit einem trockenen:”Ach ja, mal wieder kein Strom…” und wenn uns zahlreiche Inderinnen jedes Alters die Ellbogen beim Einsteigen in den Bus in die Seite rammen, sehen wir das auch eher gelassen. Die Inder kultivieren das Drängeln eben bis ins hohe Alter ;-)Trotzdem sind wir doch immer wieder von diesem Land und seinen freundlichen, herzlichen Einwohnern überrascht und begeistert. Mit Freude verlassen wir hin und wieder uns bekannte Plätze und Wege, um vorsichtig und gleichzeitig überschwänglich in das bunte Treiben einzutauchen.So entdeckten wir bei unserer letzten Shoppingtour zum Big Bazaar einen klassischen Markt. Unter bunten Planen hatten die Händler Gemüse auf dem Boden ausgebreitet und in zahlreichen Säcken konnte man Kiloweise Nudeln, Reis, Kartoffeln, getrocknete Chili und Gewürze bestaunen (und alles soo billig! 250gr Nudeln für 10 Rupees – das sind so ungefähr 16 cent). Ein bisschen fühlten wir uns an Marco Polo erinnert, er muss ähnlich begeistert gewesen sein, als er die indischen Märkte zum ersten Mal entdeckte.
Leider konnten wir nicht ewig durch die engen Gassen und versteckten Wege strolchen, denn schon bald rief der Alltag nach uns und wir kehrten voll beladen zum Abhaya zurück, um dort Englisch zu unterrichten und die Deepavali stage performance vorzubereiten, die zu unserer Freude schon ziemlich gut vorangeschritten ist. (was wir geplant haben, ist eine Überraschung, Anfang November stellen wir ein Video davon online – versprochen :-)) Unsere gemeinsamen Vorbereitungen stellen immer einen Kontrast zu all den Schularbeiten und Hausaufgaben dar, sodass sich die Kinder jeden Tag darauf freuen und mit Begeisterung mitarbeiten.
Letzte Woche gab es jedoch noch etwas anderes, das es sich zu berichten lohnt: die Audyapooja – Function, die NMCT am Freitag (15.10.) mit den Abhaya Children feierte. Erst kam die übliche Pooja – vom Gesang der Kinder begleitet – und dann kam das Fest. Hierzu war schon einiges vorbereitet worden:
Unter jedem Fahrzeugreifen lag eine Limette und sämtliche Gebrauchsgegenstände waren mit bunten Pasten gesegnet worden. Audyapooja ist nämlich das Fest der Gegenstände und Verkehrsmittel. Die Gegenstände (Türen, Schränke, Spiegel – aber auch Telefone, Computer, Tafeln, Drucker, Kühlschränke) werden gesegnet, damit sie funktionieren und von ihnen ‘nichts Böses kommt’ (wörtlich übersetzt nach dem, was man uns erzählte). Die Verkehrsmittel werden mit Blumen – oder Plastikgirlanden geschmückt und penibelst geputzt, um dann bei der Function mit Pasten beschmiert und besprenkelt zu werden. Auch wir brachten unsere Fahrräder auf Hochglanz, nur um hinterher leicht belustigt/enttäuscht festzustellen, dass sie schon wieder ‘dreckig’ waren. Der eigentliche Höhepunkt der Function war aber auf jeden Fall das traditionelle Fahren über eine Limette. Hierzu stiegen die Inder in ihre Busse/Jeeps/Autos oder auf ihre Motorräder (und wir auf unsere Fahrräder) und ließen ihre Motoren aufheulen (an dieser Stelle kam von uns nur ein leises Stöhnen, die Bremsen unserer Fortbewegungsmittel sind nämlich kaputt und die Reifen platt...), um schließlich behutsam die Limette zu zerquetschen (in unserem Fall mussten die Inder nachhelfen… denn zum wiederholten Mal: die Reifen sind platt.). Danach war das Gefährt gesegnet und es gab (wieder mal viel zu viele) Snacks für alle. Mit vollem Bauch fielen die Kinder und wir an diesem Abend ins Bett.



Am Tag danach besuchten wir mit den Kinder einen Tempel in den Ghats vor Coimbatore.
Alle gemeinsam nahmen wir einen public bus, der dann auch direkt vollgestopft war, und fuhren in Richtung Berge.
‘Beim’ Tempel angekommen (eigentlich mussten wir noch ca 2 Kilometer laufen), fanden wir uns erstmal in der typischen Touristenzohne wieder, durch die wohl jeder auf dem Weg zu einer heiligen Stätte muss – wir fanden das eher belustigend (haufenweise indischer Kitsch), die Kinder allerdings waren absolut begeistert und hätten am liebsten ALLES mitgenommen.
Einmal daran vorbei ging es dann weiter – gefühlte fünfhunderttausend Treppenstufen hinauf - zu dem mitten in der Natur gelegenen Tempel. Einige Kinder empfanden den Weg als eine Art Spiel, so rannten und tobten sie die meiste Zeit bis zu unserem Ziel. Die anderen Kinder sahen das ganze eher als etwas, woran man eben vorbei muss, um dorthin zu gelangen, wo sie hinwollten.. und fingen auch direkt nach ein paar Stufen an, eifrig von Muskelschmerzen und schwindender Lust zu klagen.
Trotzdem: irgendwann kamen wir natürlich oben an und wurden dann auch mit einer wunderbaren Sicht auf das in einem Tal vor uns liegende Coimbatore belohnt. Mehr als diese Sicht und natürlich den Tempel von außen hatten wir aber auch nicht davon, denn wir ließen die Kinder alleine in den Innenraum gehen, da wir uns mit dem Gedanken, diese Stätte nicht angebracht wertschätzen zu können, nicht ganz wohl fühlten.
In der Abenddämmerung ging es dann die mittlerweile nur noch ca 200 Treppenstufen wieder runter und dann mit dem Bus wieder zurück zum Abhaya, wobei einige Kinder das unglaubliche Talent bewiesen, sogar in einem public bus schlafen zu können (Absolut faszinierend für uns!).
Ein weiteres Erlebnis war der Besuch eines Heims für AIDS-kranke Kinder anlässlich eines Kindergeburtstages.
Für uns begann dieser Besuch schon auf der Hinfahrt mit schockierenden Fakten, als Sankar uns erzählte, dass diese Kinder maximal 20-22 Jahre alt werden würden - und das trotz guter medizinischer Versorgung. Der Gedanke, dass diese Kinder maximal zwei Jahre älter werden würden, als wir jetzt sind, ging uns schon ziemlich nah.
Viele verschiedene Gedanken schossen uns an diesem Nachmittag durch den Kopf, einer der jedoch besonders energisch zu haften schien, war, dass wir vor unserer Reise nach Indien gelernt hatten, dass HIV/AIDS noch immer mit vielen Vorurteilen behaftet ist und Menschen mit dieser Krankheit mitunter wie Aussätzige behandelt werden. Als wir nun vor diesem Heim standen, welches sich mitten im Nirgendwo zwischen Wiesen und Bäumen befand, empfanden wir die Ruhe und Abgeschiedenheit inmitten des indischen Trubels das erste Mal als etwas wirklich Bedrückendes.Das Heim an sich war eine sehr schöne Einrichtung und wir hatten den Eindruck, dass sich die Menschen hier sehr liebevoll und gut um die Kinder kümmern.
Auch kamen uns (wie wir es ja generell von Indern gewöhnt sind) alle Kinder mit strahlenden Gesichtern entgegen, was diese Begegnungen für uns gleichzeitig leichter und schwerer machte.
Auf jedenfall merkten wir, dass diese Kinder, trotz unglaublich schwerer Vergangenheit und (aus der Sichtweise, die uns bis jetzt vertraut war) ohne wirkliche Hoffnung auf eine große Zukunft in jedem Moment eben genau diese Hoffnung verkörpern und es auf unglaubliche Weise schaffen, ihr Leben wie jedes andere Kind genießen zu können.
Gerade diese Erfahrung veränderte unsere Sichtweise in großen Stücken und half uns, die Berührungsangst vor dieser großen, gesichtslosen Krankheit zu verlieren.
Insgesamt kann man sagen, dass dies ein Tag war, der für uns nicht leicht in Worte zu fassen ist… und doch ein Erlebnis, was uns wohl lange im Gedächtnis bleiben wird.

Bis zum nächstenmal verbleiben wir mit diesen Worten. Der nächste Eintrag wird sicherlich fröhlicher enden, denn dann haben wir den midterm-workshop im KKID und damit ein Wiedersehen mit den anderen Volunteers und unseren Mentoren aus Deutschland hinter uns, auf das wir uns jetzt schon sehr freuen.
Außerdem haben wir ja versprochen ein Video von der stage performance der Kinder bei der Deepavali Function hochzuladen.. also gibt es wieder Einiges, worauf man sich freuen kann :-) (und außerdem wollen wir un-be-dingt ein Foto von den wilden Elefanten machen, die nachts durch unseren Bezirk streifen – meistens verschlafen wir den richtigen Moment jedoch einfach :S)

Freitag, 8. Oktober 2010

… Die Südspitze, (viel) Arbeit, TG’s und der Monsoon

Lange ist’s her seit unserem letzten Eintrag (zehn Tage) und wir verzweifeln völlig beim Schreiben, weil wir euch so viel zu erzählen haben:

Am 28.09.10 machten wir uns auf den Weg nach Kanyakumari, der Südspitze Indiens, wo sich drei Meere treffen und es wunderschöne Sonnenauf- und untergänge geben soll (von denen wir leider nichts gesehen haben – es war ein wenig wolkig ;))
Wir reisten in einem superkomfortablen Schlafbus, in dem wir so viel Platz hatten, dass es sich schlafen ließ wie im eigenen Bett! Und abgesehen vom eiskalten Durchzug, gelegentlichen Bodenwellen und Megaschlaglöchern schliefen wir auch die gesamte Zeit(von 9 Uhr abends bis 7 Uhr morgens).
Die salzige, schwere Meeresluft signalisierte uns schließlich, dass wir in Kanyakumari angekommen waren. Und sogleich standen wir vor der Herausforderng, den Konvent zu finden, in dem wir untergebracht waren (denn Hotels sind zu teuer). Nach längerem hin und her waren wir erfolgreich, luden unser Gepäck ab und stürtzten uns, mit einem Stadtplan bewaffnet, in das wuselige Treiben des Touristenortes Kanyakumari. Da war zunächst der große Bazaar, in dem man zahllose Muschlen, Taschen, Schmuck, Holzarbeiten und –wie immer- Ramsch erstehen konnte. Dieser lag auf dem Weg zu unserem eigentlichen Ziel: Dem Kai für die Fähren, die minütlich zu einem Felsen im Meer fahren, auf dem sich der Vivekanda Tempel und die Thiruvalluvar Statue (die ‘Freiheitsstatue’ Indiens) befinden. Mit stoischer, typsich indischer Geduld stellten wir uns an der eeeeeewig langen Schlange für die Überfahrt an, hatten aber dummerweise vergssen, Sonnencreme aufzutragen und sahen dann später aus wie gekochte Krebse.

Nach unserer Rückkehr wollten wir endlich auf das ‘Ende von Indien’ zulaufen. Während wir dann am Strand neben Indern saßen, die angezogen und wie Kinder im Wasser planschten, wurde uns bewusst, dass hinter dem gräulichen Horizont erstmal lange nichts und schließlich nur noch die Antarktis kommen würde.Lange saßen wir dort, strolchten dann durch kleine Gassen – wobei wir unzählige Händler abwimmeln mussten – und warteten auf den Sonnenuntergang. Leider war es zu wolkig und wir hatten keine Chance. Auch am nächsten Tag, als wir um 5.30 Uhr morgens wie alle Touristen auf Dächern oder Terrassen standen, hatten wir kein Glück.
Später besuchten wir eine NGO und führten erstaunlich offene Gespräche über die Schwierigkeiten und Stolperfallen, die sich einer rechtschaffenden NGO in den Weg stellen, über die indische Regierung und Verwaltung und den menschlichen Hang zur Korruption.
Auf der Rückfahrt zeigte uns ein freundlicher Mitarbeiter traumhafte Strände – und Zeugnisse des Tsunamis von 2oo6, der auch in Indien gewütet hatte.
Da waren die zahllosen Wracks, die wie vertrocknete Skelette am Strand lagen, die Häuserhälften, deren abgebrochene Balken anklagend auf das Meer zeigten und die Brücke, die es einfach in vier Stücke zerrissen hatte, von denen zwei ein paar hundert Meter enfernt lagen und zwei unauffindbar waren, weggerissen von der Welle.
Als wir mit offenen Mündern davor standen, merkten wir was es heißt, die Dinge mit eigenen Augen zu sehen, obwohl man sie zuvor schon im Fernseher gesehen hat und eigentlich wissen müsste, was einen erwartet…Am Abend desselbigen Tages fuhren wir zurück nach Coimbatore – im Nachtzug. Auf den ersten Blick erschien uns dieser ziemlich unkomfortabel und schmutzig, dennoch schliefen wir bequem auf den obersten Liegen (…‘so viele Inder wie möglich transportieren’ ist das Motto) neben ratternden, verstaubten Ventilatoren bis zur Ankunft in Coimbatore.
Dort stellte sich unser pseudo-Alltag schnell wieder ein:
Der Verkehr (Katja wurde einmal beim Straße überqueren fast von zwei Motorrädern und einem Auto überfahren! -und Charlotte fast zwischen zwei Bussen zerquetscht! – aufregend wie immer ;),
die Einkäufe (entweder westlich orientierter Supermarkt, oder enge Gassen mit kleinen Läden, vollgestopft bis obenhin, die alles haben, was das Herz begehrt – man muss nur gut genug gucken und oft genug nachfragen),
unsere Aufgaben und Projekte (hierzu haben wir mal unseren Plan für Oktober für euch abfotografiert ;).-die einen Projekte und Ausflüge sind eher ungeplant und spontan, wie die Fahrt zu einem Eingeborenendorf, die uns Seetha eines Abends anbot:
“Someone’s died suddenly and we have to check why. It’ll take two hours. You want to join us?”
- Yes, why not? Keiner von uns beiden ahnte, dass sich Minuten später ein apokalyptisches Gewitter, begleitet von einem sinntflutartigen Wolkenbruch über unserem Jeep zusammenbrauen würde. Mit kläglicher Geschwindigkeit schlichen wir über die Straßen, welche eher Flüssen glichen und mussten anhalten, wenn uns der Regen wiedereinmal jede Sicht nahm. Da wir auf der Fahrt zweimal einen Fluss durchqueren mussten, waren alle voller Sorge. Aber wir hatten Glück: beide Flüsse lagen jenseits der ‘Regengrenze’. Dies lässt sich in etwa so beschreiben: Man fährt, der Regen trommelt auf das Dach, Aquaplanning. Plötzlich ist es Still, nur noch nackter Donner, die Straße ist trocken… – gut für uns!
Wir durchfuhren den Fluss, machten Halt auf einer kleinen Farm inmitten von Kokospalmen und Elektrozäunen (nicht wegen den Kühen, sondern den Elefanten! Die kommen immer mal wieder vorbei, auf der Suche nach Wasser), bis wir von einem aufgewühlten Mann angewiesen wurden, sofort wieder zurückzufahren (außer wir wollten in der Wildnis festsitzen).
Sekunden später kam ein weiterer Gewittersturm auf. Wir fuhren nicht mehr ganz so kläglich langsam und durch den schon etwas angeschwollenen Fluss. Bald sammelte sich das Wasser in solchen Mengen auf der Straße, dass wir beim fahren Fontänen erzeugten, die so groß waren, dass sie über unserem Jeep wieder zusammenschlugen.
Dank Sankars Fahrkünsten kamen wir jedoch wieder wohlbehalten in Coimbatore an, wo es schon wieder trocknete und Strom gab.
Andere Ausflüge sind nicht ganz so spontan und eher geplant, so wie unser erster Projektbesuch zum TAI (Tamil Nadu AIDS Initiative) – Projekt für männliche Prosittuierte und Transsexuelle (TransGenders). Zunächst waren wir bei Gayathri eingeladen. In ihrem Haus erwartete sie uns schon mit Keksen, Tee und ihren beiden ‘Töchtern’(von denen wir uns leider nicht die Namen merken konnten). Wir redeten, tauschen uns über Schauspieler aus, Lieblingsessen, Lieblingstier, uvm. Bald fingen sie an, uns von ihrem Leben als Transsexuelle zu erzählen und aus ihren Fragen und Reaktionen, als wir ihnen von den Transsexuellen in Deutschland erzählten, konnten wir schließen, dass es für sie in der indischen Gesellschaft sehr schwer sein musste, obwohl Gayathri sogar ‘verheiratet’ ist, einen Ehemann und dreizehn ‘Töchter’ hat.Bald sangen wir uns gegenseitig vor (wir: ‘Probiers mal mit Gemütlichkeit’ ;) und tanzten. Gayathri ist professionnelle Tänzerin, arbeitet aber regulär als Sekretärin.Wir aßen noch zu Mittag, gingen aber anschließend zurück zum Projekt office, wo uns Muthukumar – der Project Coordinator – einen Vortrag über das Projekt hielt. Wir erfuhren, dass es hauptsächlich darum geht HIV mit Sensibilisierung und dem Verteilen von Kondomen und Gleitgel vorzubeugen und die Lebensqualität der male sex workers zu verbessern. Leider mussten wir gehen, weil wir noch die Kinder unterrichteten, aber das Projekt interessierte uns sehr, dass wir beschlossen, wiederzukommen =)
- Thanks to Gayathri for your hospitability, thanks to Selvakumar for the traducing and thank you very much, Muthukumar for the talk on the TAI-Projekt. Your English is very good and we appreciate it.
Da die Kinder leider nicht so gut in Englisch sind, beschlossen wir, ihnen so viel wie möglich spielerisch beizubringen und oft zu wiederholen, sodass sie sich das Gelernte behalten können. Gestern mussten die Älteren zum Thema ‘sentence structure’ Satzteile zusammensetzen und die Jüngeren zum Thema ‘About myself’ ihren Steckbrief malen. Wir wurden schon vorgewarnt, dass sie alle von einander abmalen und tatsächlich hatten wir am Ende fast identische Steckbriefe =D.
Danach begannen wir damit, die stage performance der Kinder für Deepavali einzustudieren. Deepavali ist für die Inder wie für uns Weihnachten und am 30.10 werden unsere Kinder dann vor min. 5oo Menschen auftreten – wir sind alle schon ganz aufgeregt!
Zuallerletzt wollen wir noch das staff meeting erwähnen, bei dem wir endlich (fast) alle Mitarbeiter von NMCT kennenlernten und sechs Stunden Präsentationen und Diskussionen (80% Tamil, 20% English) mehr oder weniger aufmerksam verfolgten.

Im Moment hat Katja leider eine leichte Grippe, deswegen machen wir heute und die nächsten Tage etwas langsamer und wünschen uns Gesundheit, mehr Sonne (blöder Monsoon) und Erfolg beim Einstudieren der stage performance=).

Viele liebe Grüße nach Zuhause, und hier rennt uns die Zeit davon (wahrscheinlich weil wir näher am Äquator sind, da dreht sich die Erde ja bekanntlich schneller ;) …bald seht ihr uns wieder.
Katja und Charlotte

Samstag, 25. September 2010

Ungewoehnliche Alltaeglichkeiten

Namaste! Ganz allmählich sind wir im Abhaya Students Shelter angekommen, haben uns eingerichtet, orientiert und ein Hauch von Alltag hat sich eingestellt.
Alltag in Form von Stromausfällen, Wassermangel, Moskitostichen, verspäteten Bussen, Meetings und natürlich der Zeit mit den Kindern: mal spielen und tanzen wir ausgelassen, mal versuchen wir ihnen – mehr schlecht als recht – beim Lernen für die Quaterly Exams zu helfen. Letzteres hat diese Woche entschieden dominiert: Jeden Tag wurde ein anderes Fach abgefragt und das an nahezu allen sieben Tagen!
Leider war das einzige Fach, in dem wir wirklich helfen konnten Englisch (Hat schonmal jemand versucht Mathematik auf Tamil zu verstehen?!). So hatten wir also viel Zeit, selbständig einige Erkundungsgänge in die indische Kultur zu unternehmen… wie beispielsweise den Besuch einer Brick-Fabrik: Rund um Coimbatore stehen zwischen den malerischen Bergen auf wild bewachsenen Feldern dutzende einfache, länglich gebaute Hütten mit verrußten Fabrikschornsteinen. Hier werden täglich (außer an Regentagen – dann verflüssigt sich das Arbeitsmaterial ;-)) ein paar tausend Mauersteine aus der roten Erde gefertigt. Schon aus dem Bus heraus war dies ein beeindruckender und zugleich ernüchternder Anblick.. Aus der Nähe betrachtet wirkte es trostlos: Keine maschinelle Fabrikarbeit wie in Deutschland, alles wurde durch die Hände der Arbeiter gefertigt und auf den Köpfen von Frauen transportiert. Tonnen von Steinen jeden Tag!.
Gemeinsam mit Sanka und Seetha entflohen wir diesem Beispiel eines monotonen Alltags und besuchten ein paar wichtige Familien im Umkreis des Abhayas, die uns ausgiebig bewirteten und uns all’ ihre Hochzeitsfotos bücherweise vorstellten.
Am gleichen Tag bekamen wir dann den Auftrag, den Internetauftritt von NMCT zu optimieren (nochmal schnell das “vorher” ansehen: nmctngo.org). Die folgenden Tage verbrachten wir also unter anderem damit, die Website auseinander zu nehmen, um sie anders (hoffentlich besser^^) wieder zusammenzusetzen.
Dann kam der Samstag und damit unser Tagestrip nach Madurai.
Madurai ist ein wichtiger touristischer Ort in Tamil Nadu (was wir unter anderem daran merkten, dass wir nicht überall seltsam angeschaut wurden – allerdings wurde uns dafür allerhand Ramsch angeboten). Die Hauptziele der Touristen sind der Sri Meenakshi Tempel und das Gandhi Memorial Museum.
Das alles hatte für uns jedoch noch eher wenig Bedeutung, als wir um 3.30 Uhr morgens vom Wecker zum Aufstehen gezwungen(!!!) wurden. Die anschließende, ruckelige Taxifahrt und einen Teil der sechsstündigen Busfahrt nahmen wir nur durch einen Schleier der Müdigkeit wahr. Bald schon siegte dennoch die Neugier, bei all dem Unglaublichen, Fremden, Widersprüchlichen was es auf der anderen Seite des Busfensters zu sehen gab. Mehrmals versuchten wir, die zahlreichen lebensmüden Manöver unseres Busfahrers festzuhalten – oder knipsten einfach nur wild drauf los. Das Rumgeknipse änderte sich auch dann nicht, als wir unsere erste Fahrt mit der Autoriksha (:-D) antraten (welche wir mit aufgeregten Jubelschreien begrüßten). Es ist ein echtes Erlebnis, bei dem man Indiens chaotischen Straßenverkehr – wirklich - hautnah mitbekommt (Zitat Katja:” Ich hab eben ein fahrendes Auto angefasst!”). Fassungslos, kichernd, ängstlich, kreischend, ständig den Finger auf dem Auslöser, gaben wir das 100%-ige Klischeebild eines Pauschaltouristen ab – war aber unserer Meinung nach in dieser Situation auch mal ok…
Da Sanka und Selva ein NGO-Meeting besuchten, waren wir nach der abenteuerlichen Rishakfahrt auf uns alleine gestellt.und beschlossen das Gandhi Memorial Museum zu besuchen. Auf bunten Tafeln lasen wir eine Menge über den britischen Imperialismus (der oftmals durch den Kakao gezogen wurde) und den Kampf um Indiens Unabhängigkeit. Zusätzlich gab es eine Vielzahl an Relikten aus Gandhis Leben zu sehen: Tücher, Löffel, Schuhe, seine Brille, seine Lektüren – zu denen unter anderem auch Goethes Faust gehört. Der unbestrittene Höhepunkt der Exponate war jedoch der blutbefleckte Dothi, den Gandhi am Tag des tödlichen Attentates trug – alles etwas skurril und doch irgendwie faszinierend.
Ein wenig später verließen wir das Museum, um mit der wartenden Riksha gleich weiter zum Sri Meenakshi Tempel zu fahren. Groß und bunt, mit weitläufigen, majestätischen Hallen präsentierte sich uns die Anlage.Die (Markt-) Hallen wurden durch ein einziges, glitzerndes Durcheinander bestimmt. Man konnte alles bekommen, was das Herz begehrt: Glücks-Ganeshas, Bangles, Kaschmirschals, Geldbeutel, Zehenringe, Ohrringe, Windräder, Aufkleber, Spielfiguren, etc. etc…
Wir feilschten, zögerten, gestikulierten, lachten - und gaben dann doch unser Geld aus ;-).
Schließlich stießen wir auf das Herz des Tempel und den Elefanten, der in großen Tempeln immer vor dem Eingang postiert ist. Er segnet die Pilgernden, indem er ihnen den Rüssel auf den Kopf legt. (Für 10 Rupies kann man das Ganze sogar fotografieren.) Wir reihten uns also bei den Wartenden ein und wurden gesegnet – eine wirklich schöne Erfahrung.
Danach ließen wir uns noch durch die Tempel und Hallen treiben, bis unser Magen knurrte. Spontan entschieden wir uns für ein kleines ‘Lokal’, bekamen kalten, öligen Lemon Rice und hofften danach nur noch, dass unser Magen dem ganzen standhalten würde (Hat übrigens funktioniert ;-)). Der anschließende Weg zum Treffpunkt, an dem uns Sanka und Selva wieder abholen wollten (ein Hotel, knapp 1 km zu Fuß vom Tempel entfernt), gestaltete sich schwieriger, als erwartet: Dauernd wurden wir in verschiedene Richtungen geschickt (nein, manchmal hilft es nicht, viele Leute zu fragen…) und mussten durch den mörderischen Straßenverkehr, bevor wir nach anderthalb Stunden anstrengenden Fußmarsches bei strahlendem Sonnenschein und sengender Hitze schließlich am Hotel ankamen… wo Sanka und Selva auch schon auf uns warteten.
Danach wollten nur noch eins: zurück nach Coimbatore. Auch die erneuten sechs Stunden Busfahrt konnten uns da nicht mehr schrecken (Erschreckt hat sich an diesem Tag eh nur Charlotte - und zwar vor einem fritierten Ei…und den öffentlichen Toiletten, Katja! :-P – vor denen hab ich mich aber auch erschreckt^^)
Erschöpft fielen wir an diesem Abend in unsere Betten, um uns in den darauf folgenden Tagen wieder dem “Alltag” hinzugeben.Da war der Geburtstag eines unserer Mädchen: an jedem Geburtstag wird eine wunderbar künstlich schmeckende Torte gekauft (Geschmackssache! ), die dann in winzige Stückchen geteilt und vom Geburtstagskind an die Gäste verfüttert wird.
Und das – hoffentlich - vorerst letzte Zusammentreffen mit der sehr papierlastigen, indischen Polizei (und wir dürfen bleiben :-D), die auch das Ende der Windowperiod markierte. Einen kleinen Schrecken jagte uns jedoch der damit verbundene, neue Arbeitsplan ein: Englischunterricht, Field Visits, Skill Training, NMCT-website – kurz: es wird uns definitiv nicht langweilig werden ;). Der am Vortag besprochene Plan musste dann noch mal in einem zweieinhalbstündigen Meeting mit unseren “Chefs” besprochen werden. Da die indische Gesrpächsstruktur in keinster Weise der deutschen ähnelt, wünschten wir uns nach stundenlangem, konzentrierten Zuhören erstmal Urlaub!

..der auch kommen wird (nein, nein - eigentlich ist es ein Lehrausflug, denn wir schauen auch eine NGO an!).
Wir fahren nämlich nächste Woche für zwei Tage an Indiens südlichsten Punkt – Kanjakumari. Dort sehen wir gleich drei Meere auf einmal – wir freuen uns drauf!
Bis dahin sind wir ausreichend mit Computerarbeiten beschäftigt (der erste Monthly Report steht an – so schnell geht das! =))

Somit verabschieden wir uns für dieses Mal und schicken ganz liebe Grüße an Zuhause :-)

Mittwoch, 15. September 2010

Indien von Kopf bis Fuss:

… vor einer Woche sind wir also in unserem neuen Zuhause angekommen und wurden sehr herzlich von unserem Direktor (Shankaranarayanan), seiner Frau (Seetha), dem Personal (Raji, Viji und Lakshmi Amma), dem Hund (Pauli) und den wunderbaren Kindern (tolle Namen, die wir uns aber noch nicht alle merken können) empfangen.
Wir können es noch gar nicht fassen, dass wir die nächsten sieben Monate an diesem Ort verbringen werden (der Ort: Unser hübsches, kleines Zimmer - mit warmer Dusche! - und das Abhaya Students Shelter, wovon wir natürlich extra für euch daheim Bilder gemacht haben – der Veranschaulichung halber)

Nun, genug der Exposition : Am zweiten Tag schon, stürzten wir uns in einen erneuten Crashkurs indischer Kultur und besuchten das Rathinavel Subramania College of Arts & Science, wo unser Direktor Shankaranarayanan (übrigens dürfen wir ihn Shanka nennen – eine absolute Erleichterung) einen Vortrag halten sollte.
Trotzdem waren für uns die Saris, die wir uns zusammen mit Seetha für die Hochzeit am Mittwoch kauften, der Höhepunkt des Tages. (Und sie zu kaufen IST tatsächlich ein Erlebnis: man sitzt und lässt sich von Verkäufern haufenweise ellenlange Saritücher präsentieren und um die Schultern drapieren) Für alle, die nicht genau wissen, was ein Sari ist -> ein seehr langes Tuch, das auf komplizierte Art um den Körper geschlungen, geknotet, gefaltet und befestigt wird. Bauchfrei.
Nach langem hin und her suchten wir dann noch Ersatz für unsere abgelatschten Treter bzw. Badeschlappen, die naicht so gut zu unserem noblen Seiden-Sari passen wollten.
Dazu so viel: Falls ihr jemals in ein indisches Schuhgeschäft gehen solltet, berührt nicht die Schuhe in der Auslage. Zeigt darauf, es wird immer einen Verkäufer geben (oder auch zwei, drei, vier..), der euch das gewünschte Paar aus dem unübersichtlichen Haufen von Schuhkartons sucht und anzieht.
Das Sahnehäubchen des Tages war zu guter Letzt, dass der Taxifahrer auf der Rückfahrt partout auf einen ‘Ausländertarif’ bestand. Glücklicherweise wusste Seetha natürlich den korrekten Preis.
Trotz allem war damit unser Tag noch nicht beendet, denn erst Abends können wir längere Zeit mit den Kindern verbringen, lernen Tamil, lehren Englisch und Deutsch, spielen, singen, bringen die Kinder zum lachen (und sie uns!!)...für uns die schönste Zeit des Tages!

Am Morgen danach standen wir wieder früh auf, um die Kinder zur Schule zu bringen. Wie immer wurde uns auf dem Weg nachgeschaut, gewunken, zugerufen und gelacht, wenn wir reagierten. Selva (unser Mentor) beantwortete die Frage nach der Ursache so: “Sie sehen nie Weiße. Es macht sie glücklich, euch zu sehen.” [Schön, wenn dieses unangenehme Gefühl andauernd angesehen zu werden so eine positive Auswirkung hat.. das macht es auch für uns leichter :-)]
Zurück im Abhaya ging es typisch indisch weiter: Stromausfall für 45min. Störte uns dann aber nicht weiter, so kamen wir wenigstens mal wieder zum lesen :-P
Ausserdem gab es noch Einiges für unsere Policeregistration zu tun (die uns einige Nerven kostete und letztendlich doch geglückt ist - indische Bürokratie…- aber wir dürfen bleiben).
Später fuhren wir noch in einen anderen Teil der Millionenstadt (übrigens lagen wir mit den 1,8 Millionen Einwohnern eeetwas daneben.. es sind eher 5 Millionen)
wo uns Selva einen Supermarkt zeigte, in dem wir zu unserer Freude viele westliche Dinge kaufen können. Er liegt in einer etwas reicheren Gegend, was man vor allem daran merkt, dass die Abwassergräben völlig abgedeckt sind (gut für die Nase ;-)).
Der Heimweg gestaltete sich dann als etwas schwierig: so verpassten wir vier Busse, weil wir uns standhaft weigerten, uns mit einem Arm an die Außentüre der überfüllten Busse zu hängen. Die restliche Zeit des Tages verbrachten wir vor allem mit den Kindern, immer wieder fasziniert von den wundervollen, so verschiedenen Persönlichkeiten.

Am nächsten Tag durften wir warten (die vorhin schon erwähnte Bürokratie..). Warten auf den Police-Officer, bei dem wir einen Termin für die Registration um elf hatten, der aber erst um halb zwei da war. Warten auf den anderen Inspector, der uns mittags sehen wollte, aber doch erst abends kam. Warten auf die Saris von der Näherin. Wieder warten auf den Inspector, usw.
Nachdem wir an diesem Tag insgesamt viereinhalb Stunden nur gewartet hatten, kamen wir zu spät zu unserer ersten indischen Hochzeit. Der Abend war allerdings nur für Fotos mit dem Brautpaar reserviert, die eigentliche Hochzeit würde am nächsten Morgen um 4.30 Uhr (NACHTS) beginnen. (Die Uhrzeit und das Datum wurden astrologisch errechnet und sollten die Vermählung begünstigen - Irgendwie scheint “mitten in der Nacht” allerdings ein Trend zu sein^^). Müde kamen wir morgens zur Halle, in der ein Teil der Hochzeitsgesellschaft die Nacht auf dem Boden schlafend verbracht hatte und sich nun zum Hochzeitsmarsch in Richtung nächstgelegenem Tempel aufmachte. Dort wurden die vielen traditionnellen Hochzeitsrituale von einem Guru vollzogen. Diese waren für uns zwar seltsam und fremd, aber sehr faszinierend. Nach der Vermählung im Tempel, die uns absolut bezaubert hatte, gab es dann noch ein gemeinsames “Frühstück” (das salzige scharfe Essen ist morgens immernoch merkwürdig..). Mit Glückwünschen und noch einem Foto endete unsere erste Hochzeit...
Am Wochenende war es laut. Unser erstes Indisches Festival.. die “Ganesh Function”: An diesen Tagen wurde dem Gott Ganesh (halb Mensch, halb Elefant – übrigens ‘ne schöne Geschichte, wen es interessiert warum.. einfach mal nachlesen) gehuldigt. Es gab unzählige Umzüge, wir besuchten einen Tempel und (laute!!) Musik wurde auch mal um vier Uhr nachts gespielt. (Man stelle sich vor: Charlotte und Katja schlafen friedlich in ihren Betten.. dann MUSIK! Beide schrecken hoch.. erster Gedanke: Hilfe Feueralarm :-P)

Sonntag “flüchteten” wir dann mit unserer Direktorenfamilie ins wunderschöne, aber unglaublich heiß/schwüle Kerala. Hier besuchten wir einen Tempel, den wir nicht betreten durften (keine Ausländer..) und Shankas Schwester, die extra für uns kochte. Highlight war allerdings die 4-5 stündige Autofahrt durch den Indischen Dschungel.
Ein großer Teil dieses Urwaldes wird “Silent Valley” genannt, und tatsächlich konnten wir bei der Durchfahrt nur Insekten und Tierstimmen hören. Wundervoll nach all dem festlichen Lärm. Wir genossen ein Dschungelfrühstück auf einem Blatt, frisches Wasser vom Wasserfall und ein paar Schwünge an Lianen - alles Erlebnisse, die wir wohl nicht so bald vergessen werden. -> Thanks a lot to Shanka and Seetha, Santhia and Shree for this wonderful day, we wont forget that day!
Einen weiteren Anlass für unsere Saris bot dann der 21. Geburtstag von NMCT, der groß und mit vielen Auszeichnungen gefeiert wurde, so bekamen auch wir stellvertretend für alle NMCT-KKS Volunteers eine Auszeichnung.

Nach einer Woche in unserem Zuhause für die nächste Zeit können wir sagen: Es ist anstrengend, der Alltag ist noch nicht eingekehrt (kommt der überhaupt?), wir erleben eine Menge neuer Dinge und wir fühlen uns Pudelwohl!

- Dear NMCT, the first week at Abhaya was really exciting and wonderful. We already feel very comfortable and secure. Happy Birthday for your 21st Annual and we enjoy it very much to spend time with you! Nanri =)

Bis bald und viele liebe Grüße an euch alle,
Charlotte und Katja