Sonntag, 27. März 2011

Einmal quer durch INDIEN

...Und da sind wir wieder. Ein bisschen müde. Ziemlich erschöpft und völlig zerzaust. Zwei Tage Zug haben wir hinter uns gebracht um von quasi ganz oben quer über den Subkontinent zu fahren – nun sitzen wir wieder im Abhaya, zwei Wochen sind es noch, dann geht unser Flieger zurück in die Heimat.

Bevor wir die letzten Dinge besorgen, uns verabschieden und die Rückreise antreten, wollen wir unsere Indienreise noch einmal Revue passieren lassen und ein bisschen erzählen:

Begonnen hat alles wo es jetzt endet – hier im Abhaya, wiedermal mit einem Taxi, dass aber ausnahmsweise pünktlich war.
Diesmal waren wir diejenigen, die noch Zeit brauchten, standen da und mussten feststellen, dass auch ein Abschied für einen Monat schon ziemlich ordentlich schmerzt.
Während die Kinder alles gefasst hinnahmen, verließen wir schließlich unter Tränen unser Zuhause des letzten halben Jahres und fuhren zu dritt – Katjas Freund Marko begleitete uns die erste Woche - zum Bahnhof um unseren Nachtzug zu erwischen.
Nachdem der Zug ein wenig auf sich warten ließ, waren unsere Betten dann aber schnell gefunden und wir machten es uns auf den blauen Liegen der „Sleeper Class“ gemütlich.

(Ein paar Worte zur Sleeper Class: Eine der billigsten Möglichkeiten in Indien zu reisen, ist, sich über Nacht eine Liege in einem dieser Klasse zu reservieren. Man liegt gemeinsam mit ca. achtzig anderen Mitreisenden in einem „Compartment“, das in offene Kabinen mit jeweils acht Betten unterteilt ist – oft ist es relativ laut, man weiß nie wer neben, über oder unter einem schläft und wir haben gehört, dass während dieser Nächte viel gestohlen wird... uns ist das Gott sei Dank nie passiert. Immer wieder riecht es zwischendurch nach den Toiletten, die man eher vermeiden sollte und es ist abwechselnd ziemlich heiß und ziemlich kalt. Trotzdem haben wir uns während dieses Monats nie wirklich unwohl gefühlt, die Liegen sind bequem und es ist eine doch relativ komfortable Art zu reisen!)

Bangalore.
...ist bekannt als Indiens modernste IT Stadt, von überall kommen die Menschen um hier zu arbeiten, man findet vor allem internationale Firmen. Für uns war die Stadt vor allem heiß. Heiß und staubig – Also entschlossen wir uns, nichts besonderes anzuschauen sondern den Tag in Einkauszentren zu verbummeln.Highlight war wohl das kleine 4D Kino, bei dem man !absichtlich! aus den Sitzen geworfen wird.


Hampi.
...die erste Weltkulturerbe-Stätte auf unserer Reise. Eine wundervolle Ruinenstadt, die sich malerisch über eine riesige Fläche um einen Fluss erstreckt. Noch magischer wird dieser Ort durch die riesigen, geschliffenen Felsbrocken, die überall in der Gegend rumliegen. Hier verbrachten wir drei Tage in denen wir gemütlich von einer Terrasse auf Reisfelder schauend unser Frühstück zu uns nahmen, dann weiterhin gemütlich zum Boot spazierten um uns immer wieder neue Tempelruinen anzusehen – natürlich weiterhin sehr gemütlich.


Mumbai.
... Indiens zweitgrößte Stadt, bei der man wie in keiner anderen die Britischen Einflüsse der vergangenen Jahrhunderte sehen kann. In der Innenstadt findet man fast nur saubere Straßen, ordentliche englische Gebäude und sowieso sieht irgendwie alles eher Europäisch aus. Unsere vier Tage waren sehr abwechslungsreich, wir verbrachten sie mit der Besichtigung einer Höhleninsel, des High Courts (nur als Besucher, keine Angst ;-)), des Gandhi-Hauses, des Strandes (mehrmals), einer Moschee, des teuersten Hotels, wir sahen das Gateway of India, die größte Wäscherei Indiens (wo mit den Händen gewaschen wird), einen Wald in dem sich Türme mit einer gruseligen Geschichte verbargen, wir trafen merkwürdige Gestalten, niedliche Kinder, gastreundliche Sikhs und einen tollen Taxifahrer.
Bei unserer Abreise hatten wir das Gefühl die Stadt ausreichend gesehen zu haben.


Jaipur.
... liegt in der Wüste und ist viel kälter als wir erwartet hatten. Eins der ersten Dinge die wir sahen, war ein Wagen, der nicht von einer Kuh, sondern von einem Kamel gezogen wurde – exotisch! Insgesamt waren die Straßen zu voll und die Menschen, so hatten wir das Gefühl, nicht in der Lage ihre Gefährte ordentlich zu fahren. Jedenfalls fuhren sie mehrmals gegen uns. Jaipur ist zu größten Teilen rosa (die Idee eines Indischen Gastgebers zu Ehren eines Britischen Gastes) und voller Dinge, die uns nicht wirklich beeindruckten. Versöhnen konnte uns am Ende des zweiten Tages ein Rikshafahrer, der uns die Stadt von einer anderen Seite zeigte und uns zu Elefanten brachte, die wir herzhaft knuddeln durften 


Bikaner.
... auf die Kamele, fertig, los! Drei Tage Kamelsafari in einer lebendigen Wüste, die sehr wohl in der Lage ist, Pflanzen hervorzubringen. Lustigerweise erlebten wir hier die bis dahin kältesten Tage unseres gesamten Indienaufenthaltes, brauchten auch tagsüber sogar Wolldecken um nicht zu frieren. Unsere Kamelführer waren lustige Gesellen und so spielten wir bei einem Stopp das beste „Heckmeck“ aller Zeiten – wir hatten einen Heidenspaß und nach drei Tagen immer noch keine wunden Pos!
(Bikaner ist übrigens viel toller als Jaipur, eine wunderbar indische Stadt mit großartiger Mogularchitektur!)


Delhi.
...hat es verdient Indiens Hauptstadt genannt zu werden. Delhi ist eine bezaubernde Mischung aus modernem Leben, alter Geschichte und purem Indischen „Spirit“, alles verbunden durch ein U-Bahn Netz, das billig ist und einen fast überall hinbringen kann. Diese vier Tage waren wieder sehr ereignisreich, wir schlenderten durch Grünanlagen und enge Marktgässchen, kauften eine Menge im Travellerviertel, trafen überall offene und nette Menschen und sahen unglaublich viele interessante Dinge, wie die beiden Forts, ein Grabmal dem das Taj Mahal nachempfunden ist, Indiens größte Moschee und ein Vogelkrankenhaus.
Eine Stadt deren Besuch nicht ausgelassen werden sollte.


Nainital.
... ist eine Hill-Station am Rande des Himalaya und fühlt sich fast an wie Zuhause.
Die kleine verschlafene Stadt liegt rund um einen Vulkansee auf ca 2000m Höhe. Es ist (zumindest im Februar) ziemlich frisch und die Pflanzenwelt erinnert doch sehr stark an einen deutschen Wald. Fährt man ein Stück mit der Seilbahn auf den Kamm einer der Berge hat man von dort einen atemberaubenden Blick auf den Himalaya – ein Bild was man so schnell nicht wieder vergisst. Die riesigen Berge scheinen über dem Horizont zu schweben, majestätisch in weiß gehüllt und von unvergänglicher Schönheit.
Es war unglaublich.


Agra.
... war eher eine unserer ruhigeren Stationen, bei der wir uns auf die „Hauptattraktionen“ konzentrierten, das Fort, und natürlich das Taj Mahal. Dieses Gebäude, gebaut aus Liebe, scheint auch genau das wiederzugeben – Liebe. Das reine weiß, die weichen Formen, die filigranen Einlegearbeiten aus bunten Steinen, die architektonische Perfektion... ein magischer Moment, festgehalten auf ewig. Wir verbrachten Stunden damit auf der Dachterrasse unseres Hotels zu sitzen und den wundervollen Blick zu genießen, ein paar Lassis oder Cokes zu schlürfen, zu lesen, uns zu unterhalten... und wir trafen Fabi und Janik, unsere Mitvolunteers, was natürlich auch eine sehr schöne Überraschung war ;-)


Varanasi.
... die Vorletzte Station der Reise und ein absolutes Highlight. Der Ganges, Indiens heiliger Fluss, der Tag und Nacht von Pilgern bevölkert ist, die darin baden, das Wasser trinken und ihre Poojas (Gebete) zelebrieren. Die Ghats, an denen die Verbrennungen stattfinden – ein Mann der Familie die die Einäscherungen begleiten nahm sich unserer an und erklärte uns genaustens den Ablauf und verschiedene Rituale, die wir auch direkt zu sehen bekamen... es war großartig. Varanasi empfanden wir als wunderbare Abwechslung zu all den touristischen Orten, da diese Stadt ihre Spiritualität trotz der vielen Traveller nicht zu verlieren scheint. Zusätzlich aßen wir großartige Pizza – für die wir uns sogar beim Kellner bedankten :-P


Puri.
... eine Stadt an der Ostküste, einstmals das Paradies der Hippies, nun eine gemütliche Stadt ohne besondere Sehenswürdigkeiten – aber mit hohem Entspannungsfaktor ;-)
Wir faulenzten am Strand, aßen internationale Küche, ließen uns in voller Montur von den kräftigen Wellen hin- und herwirbeln und fuhren etwas auswärts zu einem Sonnentempel der uns durch seine fein gearbeiteten Außenwände und spektakulären Kamasutrareliefs beeindruckte...


dann trafen wir Swarup und seinen Freund Doodle (durch Marko bekannt) um mit ihnen die Gegend zu erkunden und zum Abschluss unser lang ersehntes Highlight der Reise zu feiern:

Holi – das Farbenfest.
Eines morgens ging es los – bewaffnet mit einer Art Wasserpistole (persönlich getauft als „Fuschfusch“) und mehreren Plastiktüten voller Farbpulver fuhren wir mit den Motorädern durch die Straßen, begrüßten jeden der es hören wollte (oder auch nicht) mit einem lauten „HAPPY HOLI!“, schmierten Farbe in fremde Gesichter und wurden unsererseits auch nicht verschont! Am Ende des Vormittags waren so ziemlich alle bunt, alle lachten und alle kamen sie zum Meer.
Wir badeten um die Farbe wieder aus den Haaren, vom Gesicht und den Klamotten zu bekommen – und mussten feststellen, dass es leider nicht funktioniert...
Auch nach dem Duschen nicht.
Einige Inder hatten angefangen mit sogenannter „chemical color“ auf andere (auch uns) loszugehen und so endeten wir in rosa und blau.
Trotz des Fakts, dass wir uns dann Abends mit gefärbten Haaren und Gesichtern in den Zug Richtung Süden setzen mussten, war das Fest ein voller Erfolg und ein großartiger Abschluss!


Tja.. und nun sind wir wieder da. Unsere Gesichter haben ihre normale Farbe wieder und auch die Farbe in den Haaren verblasst. Die Reise, die wir so lange geplant haben, auf die wir uns so gefreut haben liegt hinter uns und wir sind bis oben hin angefüllt mit neuen Eindrücken und Erlebnissen. Es hat nicht immer alles funktioniert, wie wir das wollten, aber im Endeffekt haben wir die Situationen doch gemeistert...
Wir waren nicht immer nur gesund, konnten aber dennoch größtenteils alles genießen...
Man könnte sagen...
Ein guter Monat.
Eine gute Reise.
Eine gute Zeit.