Nie war uns die Heimat so fremd wie jetzt: Eingeschneit, vereist, kalt... dieses Wort assoziieren wir mittlerweile mit zitternden Frauen und Kindern, die sich bei 20°C Wollmützen über den Kopf ziehen oder sich dick in bunt gemusterte Filzjacken wickeln. Aber nicht nur sie – auch wir sagen mittlerweile bei Temperaturen unter 25°C, dass es „kalt“ sei. Heute war es wieder über 30°C, die Sonne hat gebrannt, aber das ist der indische „Winter“.
In diesem Eintrag soll es jedoch nicht nur ums Wetter gehen – es ist einfach auch so viel passiert, dass wir unbedingt mal wieder berichten müssen.. bevor dann in ein paar Tagen schon der nächste Eintrag über unseren Kurzurlaub nach Pondicherry und Chennai folgt :-P
Zunaechst gibt es da unseren zweiten Besuch beim TAI - Project über den wir berichten möchten und - diesmal war alles anders:
Wir wanderten durch enge, schmutzige Gassen, um zu einem kleinen Haus einer Transgender- „Familie“ zu gelangen. Diese erwartete uns auch schon vollzählig im schummrigen Wohnzimmer: Ein „Ehepaar“ (seit 20 Jahren verheiratet), eine „Großmutter“ und einige „Töchter“, die teilweise für ihren Essensstand kochten; es roch nach scharfem gebratenem Huhn und vielen Gewürzen.
Auch die Gespräche des Treffens schienen sich diesmal um völlig andere Dinge zu drehen, als bei unserem ersten field visit: Hatten wir beim ersten Mal eher das Gefühl, dass es den Menschen wirklich auf den kulturellen Austausch ankam, drehte es sich diesmal um finanzielle Probleme innerhalb der self help group (eine kleine Gruppe von TG’s bekam das Geld, gab es aber nicht an die restlichen weiter). Im Laufe des Besuches kam sogar die Frage auf, ob wir ihnen denn kein Geld geben könnten, wir wären schließlich reich. Etwas perplex versuchten wir, ihnen unsere Rolle in Indien darzulegen und dass wir eben nicht die „reichen Weißen“ seien, die Geld geben. Es war eine unangenehme Situation und daher verließen wir die Wohnung bald. Insgesamt war es für uns ein eher schwieriger field visit, aber trotzdem sind wir davon überzeugt, dass es wichtig ist, auch solche Erfahrungen zu machen.

Frühmorgens (wie immer) standen wir auf, um einer Function der „make a wish Foundation“ beizuwohnen..
Die „make a wish Foundation“ ist eine Organisation, die Kindern mit uneheilbaren Krankheiten (wie Krebs oder HIV) einen Herzenswunsch erfüllt. Dazu gehen Freiwillige in Krankenhäuser und NGO’s um direkt mit den Kindern über ihre Wünsche zu sprechen (dabei kommt es nicht auf den Wunsch an: es kann eine kleine Puppe sein, oder auch der Traum einmal in einem Flugzeug zu fliegen).Diesen Wunsch zu erfahren, kann ein sehr langer Prozess sein, da es Zeit braucht einem Fremden anzuvertrauen, was einen wirklich glücklich macht. Haben die Kinder ihren Wunsch geäußert, werden Sponsoren gesucht und der Wunsch wird erfüllt
An diesem Tag sollten die Wünsche von dreizehn HIV-infizierten Kindern aus dem NMCT-Projekt erfüllt werden. Meistens handelte es sich bei den Wünschen um ein eigenes Fahrrad, ein Mädchen hatte sogar den Wunsch ihren Lieblingsfilmstar zu treffen.
Was wir dort erlebten war einfach großartig. Das gesamte Programm wurde von Schülern gestaltet, die auch die Spenden für die Wünsche gesammelt hatten.
Es gab Spiele, Tänze und die Atmosphäre war sehr herzlich. Man konnte spüren, dass die Schüler etwas Gutes tun wollten. Wir waren begeistert, gerührt und sehr beeindruckt von den Kindern: mit strahlenden Gesichter und leuchtenden Augen versrpühten sie eine Freude, die alle Anwesenden anzustecken schien..
Die Koordinatorin der Foundation sagte uns, dass die Lebensfreude der Kinder und ihr „glücklich sein“ in großen Stücken dazu beitragen könne, ihr Leben zu verlängern und als wir in dieser Veranstaltung saßen, waren wir uns hundertprozentig sicher, dass sie Recht hatte.
Und wieder einmal begegnete uns diese Krankheit in Gestalt von vor Lebensfreude sprühenden Kindern was uns deutlich machte, wie viel man eben doch tun kann, auch wenn die Situation auf den ersten Blick hoffnungslos erscheint. Es war ein großartiges Erlebnis.
So kommen wir relativ pünktlich in der Schule an, nur um noch auf unsere Nählehrerin zu warten. Wir nähen auf alten, handbetriebenen Maschinen, in denen man die Fäden erst durch zahllose Ösen ziehen muss, bevor man beginnen kann Taschentücher, Kissenbezüge oder entzückende Kleidchen zu nähen. Wir gehen einfach unglaublich gerne in diesen Unterricht und haben gemerkt, dass es uns gut, jeden Tag damit beginnen zu lassen.
Im Anschluss daran fahren wir in die Stadt, oder zu einem Projektbesuch. Diese Woche begleiteten wir an zwei Tagen Mitarbeiter des CHAHA-project (Children affected/infected by HIV/Aids – Health and Happiness for All) zu home visits.
Lang fuhren wir im stickigen Bus bis zu einem Vorort von Coimbatore, wo uns zwei Frauen erwarteten, die an diesem Tag die angeforderte Unterstützung bekommen sollten - was bedeutete, dass wir zusammen einkaufen gehen würden.
(NMCT hat es sich nämlich unter Anderem zur Aufgabe gemacht, Familien die von HIV betroffen sind durch materielle Dinge zu helfen).
Für uns war es wieder einmal sehr interessant zu sehen, in welchen Formen NMCT hilft (es in der Theorie zu erfahren ist eine Sache, aber daneben zu stehen wenn Frauen lebensnotwendige Dinge auswählen, die NMCT finanziert.. das ist schon beeindruckend!).
Am nächsten Tag standen wieder Hausbesuche auf der Tagesordnung. Am Vormittag trafen wir eine Frau, die den ganzen Tag Blumenketten bindet (was zwar nicht so anstrengend ist, wie dieses Bügeleisen zu bewegen – aber den ganzen Tag NUR Blumenketten...), dann ging es über einen Zwischenstopp bei einem Sponsor von NMCT zu einer Familie zwei unserer Kinder.
Bei diesem ersten Hausbesuch tauchten wir in den Alltag einer alleinerziehenden HIV-infizierten Frau, die ohne Unterstützung der Eltern und Schwiegereltern versucht, das Leben zu meistern und die Erziehung ihrer Kinder zu sichern, ein:
Wir saßen auf ihrem Bett und sahen ihr dabei zu, wie sie Blumenketten band. Einige Male kam ein „Kurier“, der neue Blumen zu ihr und die fertigen Blumenketten zum nahegelegenen Blumenmarkt brachte - sonst gab es kaum eine Abwechslung. Erstaunt stellten wir ein paar Fragen und mussten bei dem Gedanken an ein ganzes Leben in diesem kleinen Zimmer schlucken, doch auch hier sahen wir wieder das strahlende Gesicht der Frau, ihre Zuversicht und die Erzählungen von einer Zukunft, in der ihre Kinder ein Einkommen haben und für die Familie bessere Zeiten anbrechen würden...
Eine Hoffnung und Zufriedenheit, die wir schon öfter erleben durften.
Anschliessend begleiteten wir eine Mitarbeiterin zu einem Wohnhaus von zwei unserer Maedchen. Schon der Fussweg dorthin war ernuechternd und es war bedrueckend, durch solch eine aermliche Gegend zu laufen. Die Menschen waren ueberrascht, Weisse zu
Zunaechst wollen wir euch aber von unserem ersten – vollkommen selbststaendig geplanten (!!) Trip nach Pondicherry zu Anna und Claudi berichten ... im naechsten Blogeintrag ;-).
Bis dahin geniessen wir die tropische Sonne – und sehnen uns gleichzeitig zurueck ins eingeschneite, weihnachtliche Deutschland...
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